FBI gegen Anklage Clintons in E-Mail-Affäre

Hillary Clinton wird weiter die E-Mail-Affäre argumentieren müssen, doch ihrer Kandidatur dürfte nun nichts mehr im Wege stehen.
Hillary Clinton wird weiter die E-Mail-Affäre argumentieren müssen, doch ihrer Kandidatur dürfte nun nichts mehr im Wege stehen.REUTERS
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Gute Nachrichten für Hillary Clinton: Das FBI nennt das Senden von E-Mails von privaten Servern lediglich "extrem achtlos". Die endgültige Entscheidung trifft das Justziministerium.

Die US-Bundespolizei FBI sieht keinen Grund, Anklage gegen die Ex-Außenministerin - und voraussichtliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten - Hillary Clinton in der Affäre um ihren privaten E-Mail-Server zu erheben. Dies sei auch die Empfehlung seiner Behörde an das Justizministerium, sagte FBI-Chef James Comey am Dienstag.

Es gebe keine klaren Hinweise dafür, dass Clinton oder ihre Mitarbeiter hätten Gesetze brechen wollen, sagte Comey. Vielmehr lägen Anzeichen für einen "extrem verantwortungslosen Umgang" mit den E-Mails vor. Für einen erfolgreichen Hackerangriff hätten die Ermittler zwar keine Belege gefunden. Allerdings könne nicht ausgeschlossen werden, dass feindliche Parteien Zugang erlangt hätte.

Das FBI selbst kann Clinton nicht anklagen. Es gibt dem Justizministerium eine Empfehlung. Justizministerin Loretta Lynch, als Generalbundesanwältin für eine Anklage zuständig und zugleich wie Clinton Demokratin und mit Clintons Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton bekannt, hatte zuletzt ihre Unabhängigkeit betont.

Clinton hatte während ihrer Zeit als Außenministerin von 2009 bis 2013 für ihre dienstliche Kommunikation eine private E-Mail-Adresse genutzt. Hinzu kam laut Comey eine Reihe mobiler Geräte. Damit verstieß sie gegen die geltenden Sicherheitsregeln.

Die Entscheidung des FBI gilt als sehr wichtig für den weiteren Verlauf des US-Präsidentschaftswahlkampfes. Im Fall einer Anklage würde der Druck auf Clinton wachsen können, ihren Wahlkampf abzubrechen. Und Clinton stand zuletzt wegen der Nutzung eines privaten E-Mail-Kontos während ihrer Zeit als Außenministerin von 2009 bis 2013 zunehmend unter Druck.

Am Samstag hatte sie dem FBI dreieinhalb Stunden freiwillig Auskunft über die Nutzung des Computers erteilt. Ihr republikanische Rivale Donald Trump nennt die Affäre ein Beispiel dafür, dass man Clinton nicht trauen dürfe. Trump kritisierte Comey nach dessen Aussage am Dienstag über Twitter und erklärte: "Das System wird manipuliert." Andere seien für viel weniger angeklagt worden.

Clintons Server stand in ihrem Haus im Bundesstaat New York. Insgesamt geht es um Zehntausende Mails. Die Existenz des Servers wurde von dem rumänischen Hacker Marcel Lazar enthüllt, der nach eigenen Angaben leicht in das System eindringen konnte. Experten haben dafür jedoch keine Hinweise gefunden. Clintons Verhalten stand im Mittelpunkt mehrerer Untersuchungen. Die des FBI war die bedeutendste. Die Bundespolizei untersuchte, ob sie Geheiminformationen verschickt oder empfangen hat. Damit hätte sie Gesetze gebrochen. Eine Untersuchung des Außenministeriums hatte kürzlich ergeben, dass Clinton gegen interne Vorschriften verstoßen hat.

"Keine einzige dieser E-Mails hätte auf einem privaten Server sein dürfen"

Comey sagte, 110 E-Mails in 52 E-Mail-Ketten seien vertraulichen Inhalts gewesen: 8 davon hatten die höchste Stufe streng geheim, 36 waren geheim und 8 vertraulich. Das FBI untersuchte 30.000 E-Mails. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Clintons Server gehackt wurden. "Keine einzige dieser E-Mails hätte auf einem privaten Server sein dürfen", sagte Comey. Jeder in einer verantwortlichen Position habe das wissen können und müssen. Wie jeder E-Mail-Nutzer habe auch Clinton immer wieder Mails gelöscht. Es aber habe keinerlei Archivierung gegeben, "nicht einmal wie bei einem handelsüblichen System wie G-Mail", sagte Comey.

Dennoch: "Unsere Schlussfolgerung ist, dass kein vernünftiger Staatsanwalt dies zu einem Fall" für Ermittlungen machen würde", sagte Comey. Das Verhalten Clintons sei zwar von zutiefst besorgniserregender Sorglosigkeit gewesen. "Wir haben aber keinen klaren Beweis gefunden, dass Clinton oder ihre Kollegen absichtlich das Gesetz gebrochen haben", sagte Comey.

Die Affäre verstärkt seit langem stark Clintons erhebliche Probleme mit ihrer Glaubwürdigkeit. Sie selbst hatte ihr Verhalten erst spät und widerstrebend als Fehler bezeichnet. Die Entscheidung des FBI ist für Clinton einerseits eine gewaltige Erleichterung. Andererseits ist die Wortwahl Comeys so harsch und die Kritik so tief gehend, dass sie nachhallen wird. Die FBI-Entscheidung wird Trumps Kampagne befeuern, das ganze System "Washington" sei korrupt und bedürfe eines grundlegenden Neuanfangs.

FBI-Direktor Comey ist überzeugter Republikaner und über die Parteigrenzen hinweg anerkannt. Er war unter George W. Bush Vize-Justizminister. "Ich versichere der Öffentlichkeit, dass diese Untersuchung unabhängig, kompetent und aufrichtig war", sagte er. Es habe keinerlei Einfluss von außen gegeben. Er sei sich bewusst, dass es nun Diskussionen geben werde, sagte Comey. "Meinungen sind irrelevant, alles was zählt, sind Fakten."

(APA/dpa)

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