Iran: Ahmadinejad trotzt Religionsführer

(c) Reuters (Morteza Nikoubazl)
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Der Präsident fordert, anders als Khamenei, harte Strafen für Oppositionsführer. In Teheran findet derzeit ein großer Schauprozess statt. Geständnisse werden vermutlich erzwungen.

ISTANBUL/TEHERAN. In einer harten Rede vor dem Freitagsgebet an der Universität in Teheran forderte Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad die Bestrafung der Oppositionsleitfiguren. Damit widersprach er einer Erklärung des religiösen Führers, Ali Khamenei, die am Mittwoch im Staatsfernsehen verlesen worden war. Khamenei hatte betont, dass die Proteste nach Ahmadinejads Wahlsieg „ohne Zweifel“ vom Ausland initiiert gewesen seien. Es gebe aber keine Beweise dafür, dass auch die politischen Führer an der Konspiration beteiligt gewesen seien.

Ahmadinejad schlug einen ganz anderen Ton an. Mit den „Führern und Elementen“ der Proteste solle „sehr streng“ umgegangen werden. Sie hätten die Proteste organisiert und provoziert, um Wünsche des Feindes umzusetzen.

In Teheran findet derzeit ein großer Schauprozess statt, in dessen Verlauf verschiedene Politiker bereits Geständnisse abgelegt haben, die vermutlich erzwungen waren. Der letzte prominente Oppositionelle, der sich selbst bezichtigte, war Said Hajjarian. Der Ex-Geheimdienstler galt als einer der geistigen Väter der Reformbewegung. Seit einem Attentat ist Hajjarian teilweise gelähmt und kann nur mit Schwierigkeiten sprechen. Zwei Männer trugen ihn in den Gerichtssaal, wo ein Vertrauter das Geständnis vorlas. Hajjarian gestand, „schwere Fehler“ begangen zu haben. Seine Ideen würden dem „Weg des Imams“ (Khomeini) widersprechen.

Bisher blieb die oberste Riege der Opposition, die gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Mir Hussein Moussavi und Mehdi Karrubi sowie Ex-Reformpräsident Ayatollah Mohammed Khatami, von Anklagen verschont.

Rafsanjani im Visier

Doch wahrscheinlich geht es Mahmoud Ahmadinejad nicht nur um die drei Reformer, sondern um Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, den er für seinen Hauptgegner hält. Mitte der Woche warf Ahmadinejads Bürochef Esfandiar Rahim-Mashaie dem mächtigen ehemaligen Präsidenten vor, sich öffentlicher Unterstützung zu bedienen, um Druck auf den religiösen Führer auszuüben. Rafsanjani nahm die Attacke ernst. Er antwortete noch am selben Tag: Im Büro des Präsidenten werde „eine komplizierte Verschwörung“ geplant, um Uneinigkeit in der Führung des Landes zu bewirken, sagte er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2009)

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