Imam: „Ich bin bereit, für meinen Glauben zu töten“

Symbolbild Minarett
Symbolbild Minarett(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Ein türkischer Religionsgelehrter an einer Moschee nahe Arnheim löste mit einer Notiz auf Facebook, in der viele einen Mordaufruf sehen, einen Skandal aus. Auch aus der türkischen Gemeinschaft kommt Kritik.

Den Haag. Ein Religionsgelehrter aus der Türkei, der seit zwei Jahren in einer Moschee einer niederländischen Kleinstadt predigt, hat einen enormen Proteststurm ausgelöst. Vor wenigen Tagen hatte er nämlich auf seiner Facebook-Seite öffentlich geschrieben: „Ich bin bereit, für meinen Glauben zu töten. Ich bin auch bereit, für meinen Glauben zu sterben.“ Der Imam namens Halil Çelik ist an der Selimiye-Moschee in Dieren nahe Arnheim im Osten des Landes tätig. Seine Wortmeldungen haben nicht nur bei Niederländern, sondern auch bei vielen in den Niederlanden lebenden Türken als möglicher Mordaufruf Entsetzen und heftige Kritik ausgelöst.

„Wir distanzieren uns“

Der Vorstand der Selimiye-Moschee in Dieren distanzierte sich umgehend davon und nannte die Aussagen des Imams unakzeptabel. „Wir sind mit diesen Sätzen von Imam Halil Çelik nicht einverstanden. Wir distanzieren uns davon. Das gilt für den gesamten Vorstand der Moschee und, wie ich meine, auch für alle Türken, die in Dieren leben“, sagte Gorkhan Alarslam, der Vorsitzende des Moscheevorstandes – allerdings nicht ohne hinzuzufügen, dass die Sätze des Facebook-Eintrags wohl „aus dem Kontext gerissen“ seien.

Alarslam kündigte auch an, dass der Imam binnen weniger Tage in die Türkei zurückkehren werde. Er wurde also abgesetzt. „Solche Worte passen nicht zu einem Imam“, so der Vorstand.

In niederländischen Medien wurde derweil betont, dass Çelik seinerzeit von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt worden war. Die Behörde ist für die Lehre einer „offiziellen türkischen Version“ des Islam zuständig und schickt unter anderem Imame in zahlreiche ihr zurechenbare Moscheen im Ausland. Der niederländische Ableger von Diyanet, die Islamische Stiftung Niederlande, steht nun im Rampenlicht, weil Beobachter eine „dubiose“ Rolle der Stiftung orten. So soll sie die Trennung von Türken von der übrigen Gesellschaft des Gastlandes fördern und türkischen Nationalismus schüren.

Werbung für Kinder-Märtyrer?

Diyanet selbst fällt des öfteren durch sehr konservative bis problematische Lehrinhalte auf; erst im April gab es einen Skandal, weil ein von der Behörde auch per Twitter verbreiteter Comic Kindern ziemlich unmissverständlich den Märtyrertod schönreden wollte. Ein Sohn fragt darin seinen Vater: „Willst Du ein Märtyrer sein?“ Antwort: „Natürlich will ich ein Märtyrer sein. Wer will nicht in den Himmel?“

Mehmet Cerit, Chefredakteur der türkisch-niederländischen Zeitung „Zaman Hollanda“, nannte die Sätze des Imams „schockierend“. „Er gibt kein gutes Vorbild für die sich radikalisierende islamische Jugend ab“, twitterte er. Cerit war kürzlich in Haarlem von aufgepeitschten Türken angegriffen worden, weil er sich kritisch über den türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, geäußert hatte. „Wäre die Polizei nicht gekommen, hätten die mich gelyncht“, sagte er.

Das Medienunternehmen Zaman, das Zeitungen unter anderem in der Türkei, Deutschland und Frankreich herausbringt, ist der islamistischen AKP-Regierung von Präsident Erdoğan gegenüber sehr kritisch eingestellt. In den Niederlanden (17 Millionen Einwohner) haben etwa 400.000 Menschen türkischen oder kurdischen Migrationshintergrund und bilden zusammen die zweitgrößte ethnische Minderheit noch vor Menschen aus früheren holländischen Kolonien wie Indonesien und Surinam.

Unklar ist, ob die niederländische Staatsanwaltschaft gegen den Imam ermitteln wird. (htz./wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.