Münchner Amokläufer verfasste ein Manifest

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Die Tat soll er ein Jahr lang vorbereitet haben. Die Waffe soll sich der Deutsch-Iraner im Darknet besorgt haben.

Der Amokläufer von München, Ali David S., hat seine Tat ein Jahr lang vorbereitet und dazu ähnlich wie der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik ein Manifest verfasst. Einen politischen Hintergrund schließen die Behörden aber aus. Seine Opfer, die überwiegend einen Migrationshintergrund haben, suchte er sich nach den Erkenntnissen der Ermittler nicht gezielt aus.

Der Deutsch-Iraner hatte entgegen ersten Polizeiangaben das Manifest Breiviks nicht auf seiner Festplatte, jedoch Recherchen zur Tat des norwegischen Massenmörders angestellt und ein eigenes schriftliches "Manifest" verfasst, sagte der Präsident des bayerischen Landeskriminalamts, Robert Heimberger.

Zwei Monate in stationärer Behandlung

Es habe sich bestätigt, dass der 18-Jährige wegen einer psychiatrischen Erkrankung behandelt wurde. Er war bis wenige Wochen vor der Tat in psychiatrischer Behandlung. Ein letzter ärztlicher Kontakt habe im Juni 2016 festgestellt werden können, teilte Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt am Sonntag in München mit.

In der Wohnung habe man ärztliche Behandlungsunterlagen gefunden, die auf eine Angststörung und Depressionen hindeuteten. Der Schüler sei zwei Monate in stationärer Behandlung gewesen, habe unter "sozialen Phobien" und Depressionen gelitten. Im Jahr 2012 sei er von Mitschülern gemobbt worden. Ob es einen Zusammenhang des Mobbings zur Tat gebe, sei noch unklar. Mitschüler seien aber nicht unter den Opfern.

Der Amoklauf ist nach Einschätzung eines Experten nicht durch eine mögliche Depressionserkrankung des 18 Jahre alten Täters ausgelöst worden. "Mit großer Sicherheit kommt eine Depression des Täters als Ursache für den Amoklauf in München nicht in Frage", erklärte Professor Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, in einer Mitteilung vom Samstagabend. "Wir sehen es mit großer Sorge, wenn Depressionen mit Gewalttaten in Verbindung gebracht werden", sagte der Experte am Sonntag. Das sei vom Krankheitsbild her nicht gerechtfertigt.

Waffe aus Darknet

Nun scheint auch die Schlüsselfrage geklärt, wie der 18-jährige Amokläufer an die Tatwaffe, eine Glock 17, Kalliber neun Millimeter, kam. Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" hat er sich die Waffe illegal im "Darknet" besorgt. Bei der Pistole handelte es sich demnach um eine zunächst nicht mehr scharfe, als Theaterwaffe eingesetzte Pistole, die später wieder gebrauchsfähig gemacht wurde. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Die Waffe trägt dem Bericht zufolge ein Prüfzeichen aus der Slowakei. Mit seiner Pistole gab der Täter den Ermittlungen zufolge mindestens 57 Schüsse. 

Das Darknet ist der dunkle Bereich des Internets. Ihn nutzen Menschen, die verborgen im Internet unterwegs sein wollen. Dazu gehören Whistleblower und Regimekritiker, die Zensur umgehen wollen, aber auch Drogendealer oder Waffenhändler. Websites im Darknet können nur verschlüsselt aufgerufen werden und von Suchmaschinen wie Google oder Bing nicht gefunden werden. So richtig geheim ist das Darknet aber nicht: Im Internet sind Anleitungen zum Surfen im geheimen Netz leicht zu finden.

Amokläufer von Winnenden als "Vorbild"

Dem Bericht zufolge hat sich Ali David S. offenbar noch stärker an dem 17-jährigen Amokläufer von Winnenden orientiert als bisher bekannt. Demmnach soll er selbst nach Winnenden gefahren sein, also dort wo 2009 das Massaker stattfand, und dort auch Fotos gemacht haben.

Die Ermittler wissen noch nicht, warum der Amokläufer das Einkaufszentrum als Tatort und den Tatzeitpunkt ausgesucht hat. Zur Aufklärung der Tat wurde eine mehr als 70 Personen starke Sonderkommission gebildet.

Bei dem Blutbad in München wurden neun Menschen getötet. Drei weitere Schussopfer schwebten am Sonntagvormittag noch in Lebensgefahr.

--> Bericht in der "Süddeutschen Zeitung"

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(APA/dpa/red.)

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