Trauer in Kabul nach verheerendem Attentat auf Demonstranten

Trauer in Kabul nach dem schweren Anschlag.
Trauer in Kabul nach dem schweren Anschlag.(c) imago/Xinhua
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Nach einem der schwersten Anschläge der vergangenen Jahre versprach Präsident Ashraf Ghani, die Hintermänner zu fassen. Die Attentäter hatten sich in einem Protestzug in die Luft gesprengt, in dem vor allem Schiiten mitmarschiert waren. Der IS bekannte sich zu der Tat.

Kabul. Die Trauernden saßen vor langen Reihen von Kerzen. Sie gedachten in der afghanischen Hauptstadt, Kabul, der Dutzenden Menschen, die am Tag zuvor ermordet worden waren. Afghanistans Präsident, Ashraf Ghani, ließ alle Flaggen auf Regierungsgebäuden auf Halbmast setzen. Am Sonntag herrschte im ganzen Land Staatstrauer für die Opfer eines der schwersten Attentate, die in den vergangenen Jahren in Afghanistan verübt wurden.

Am Samstag sprengten sich zwei Selbstmordattentäter in Kabul inmitten einer Menschenmenge in die Luft. Mindestens 80 Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt. Zu dem Blutbad bekannte sich der afghanische Ableger des sogenannten Islamischen Staates (IS). Der IS nahm gezielt eine Demonstration ins Visier, an der mehr als 10.000 Menschen teilnahmen. Diese hatten sich versammelt, um gegen die Verlegung einer geplanten Hochspannungsleitung zu protestieren. Viele der Demonstranten gehörten der schiitischen Minderheit der Hasara an. Der Protest richtete sich unter anderem gegen die wirtschaftliche Benachteiligung der Hasara durch die Verlegung der Stromtrasse.

Die schiitischen Hasara klagen seit Langen über Diskriminierung im mehrheitlich sunnitischen Afghanistan. Zudem geraten sie immer wieder ins Visier extremistischer Gruppen, die Schiiten im Allgemeinen als Ungläubige beschimpfen.

Die Schiiten sind nach den Sunniten die zweite große Richtung im Islam. Die Trennung beider Richtungen ergab sich in erster Linie aufgrund eines Streits, wer Nachfolger des Propheten Mohammed werden sollte. Die Extremisten des IS betrachten die Schiiten als Abtrünnige und als einen ihrer Hauptfeinde. IS-Ideologen haben immer wieder damit gedroht, alle Schiiten vernichten zu wollen.

Regierung erlässt Demonstrationsverbot

Die Regierung des mehrheitlich schiitischen Iran verurteilte das Attentat in Kabul. Es sei „ein neuer Akt der Barbarei“ des IS, erklärte der iranische Außenminister, Mohammed Javad Zarif. Zugleich rief Zarif zur Einheit zwischen Schiiten und Sunniten auf.

Präsident Ghani versprach, die Hintermänner des Verbrechens zu fassen, und kündigte Rache für das „Blut unserer geliebten Angehörigen“ an. Unter den Opfern des Attentats befanden sich nicht nur Demonstranten, sondern auch Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte. Das Innenministerium erließ ein landesweites, zehntägiges Demonstrationsverbot. Diese Maßnahme sei aus Sicherheitsgründen nötig.

USA sprechen von „feiger Attacke“

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte den Terroranschlag als „verabscheuungswürdiges Verbrechen“, das sich gegen Bürger gerichtet habe, die friedlich für ihre Grundrechte eingetreten seien.

Die USA sprachen von einer „feigen Attacke“. Dass sie sich gegen friedliche Demonstranten gerichtet habe, mache sie noch verabscheuungswürdiger, erklärte das Weiße Haus. Die USA und die internationale Gemeinschaft stünden im Kampf gegen „Kräfte, die Afghanistans Sicherheit, Stabilität und Wohlstand bedrohen“, weiter an der Seite des afghanischen Volkes und der Regierung.

EU-Vertreter drückten den Familien der Opfer ihr Mitgefühl sowie ihre Solidarität mit dem afghanischen Volk aus. Papst Franziskus bezog die Opfer von Kabul in sein Angelusgebet vor dem Petersplatz am Sonntag ein. Er rief die Katholiken dazu auf, geeint gegen die „erbärmlichen Akte von Terror und Gewalt“ zu stehen. (APA/DPA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2016)

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