Kern traf Orban: "Neues Kapitel" in Beziehungen

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Im Zentrum des Antrittsbesuchs von Österreichs Kanzler in Budapest stand die Flüchtlingskrise. Die Grenze zu Serbien sei "luftdicht verschlossen", sagte Ungarns Premier Orbán.

Der Besuch von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bei Premier Viktor Orban in Ungarn hat wenig greifbare Ergebnisse gebracht. Hauptsächlich sei es darum gegangen, ein "neues Kapitel" in den bilateralen Beziehungen aufzuschlagen, sagten beide Regierungschefs nach ihrem Treffen in Budapest am Dienstag in Anspielung auf die Spannungen der vergangenen Monate.

Eines der Hauptthemen des Gesprächs war die bevorstehende österreichische Beteiligung am Schutz der ungarisch-serbischen Grenze, die mit 20 Polizisten laut Kern "sehr bald" beginnen soll. Es werde auch über eine Ausweitung nachgedacht, insbesondere eine Einbeziehung des Bundesheeres. Hier kann sich Kern etwa humanitäre oder sanitäre Tätigkeiten bzw. Pionierleistungen wie Straßenbau vorstellen. Außerdem seien beide Seiten übereingekommen, NGOs einzubeziehen. Kern unterstrich gegenüber Journalisten im Vorfeld, dass diese Unterstützung Österreichs an der ungarisch-serbischen Grenze im Einklang mit der Menschenrechtskonvention erfolgen müsse.

(c) APA/BKA/ANDY WENZEL (ANDY WENZEL)

Der ungarische Premier zeigte sich zufrieden mit dem derzeitigen Grenzschutz an der serbischen Grenze, wo 8000 Soldaten und Polizisten im Einsatz seien. Diese sei "luftdicht verschlossen". Niemand könne illegal nach Ungarn einreisen. Gleichzeitig kritisierte er die EU-Kommission heftig: Da diese die geschlossenen Lager für die Asylbewerber verboten habe, würden sich viele Flüchtlinge kurz nach ihrem Asylantrag sehr schnell aus Ungarn absentieren. Das sei auch der Grund, dass weiterhin rund 200 Migranten pro Woche aus Ungarn nach Österreich kommen, meinte Orban. Ungarn habe nach derzeitigem Recht keine Mittel, diese Leute bei sich zu behalten, beklagte er.

Kern hofft auf eine Stabilisierung und sogar auf ein Zurückfahren der Flüchtlingszahlen durch Maßnahmen wie die österreichische Beteiligung am ungarischen Grenzschutz. Bis Ende August-Anfang September werde man sehen, welche Ergebnisse diese gebracht hätten.

Kein Durchbruch bei Rückführungen

Ein schwieriges Thema, bei dem es auch diesmal keine Bewegung gab, ist die Rückführung von "Dublin-Fällen" nach Ungarn. Jenes EU-Land, das ein Flüchtling erstmals betreten hat, wäre nach der Dublin-Vereinbarung verpflichtet, dessen Asylverfahren durchzuführen. Budapest weigert sich jedoch, die Dublin-Fälle aus Österreich zurückzunehmen, da nach ungarischer Auffassung diese alle erstmals in Griechenland EU-Boden betreten haben und daher Ungarn gar nicht für sie zuständig sei. Nach Griechenland dürfe derzeit allerdings keine Rückführungen stattfinden. Von österreichischer Seite muss außerdem aufgrund von Entscheiden des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) bei Rückführungen nach Ungarn jeweils eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden, was Rückführungen in größerer Zahl ebenfalls erschweren würde.

Orban sagte am Dienstag, Ungarn sei allerdings sofort bereit, Bürger von Westbalkanstaaten zurückzunehmen und sie dann umgehend in ihre Herkunftsländer zu überführen. Kern zeigte Verständnis dafür, dass Ungarn keine Schritte setze, solange das Verfahren um die Dublin-Rücknahmen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) laufe.

Derzeit lässt Budapest pro Tag 30 Flüchtlinge an der serbischen Grenze in sogenannte Transitzonen, wo diese einen Asylantrag stellen können. Auf der serbischen Seite warten unterdessen nach Angaben des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) derzeit rund 1.400 Personen auf die Weiterreise in die EU.

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