Trump lädt Russland zum Datendiebstahl in den USA ein

Brüder im Geiste: Ein Graffito in Vilnius karikiert Putin und Trump.
Brüder im Geiste: Ein Graffito in Vilnius karikiert Putin und Trump.(c) REUTERS (INTS KALNINS)
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Der republikanische Präsidentenkandidat ist seit Jahrzehnten von der Idee beseelt, in Russland Geschäfte zu machen. Das ging bisher stets schief. Seine Kandidatur eröffnet nun immer mehr Einblicke in die problematischen finanziellen Verflechtungen mit den Kreml-Eliten.

Philadelphia. An einem sonnigen Dezembertag des Jahres 1988 fuhr eine schwarze Limousine vor dem Trump Tower in Manhattan vor. Ihr entstieg ein untersetzter älterer Herr, der auf den ersten Blick sofort als Michail Gorbatschow zu erkennen war. Der Führer der Sowjetunion sei eigens zum Firmensitz und Kronjuwel von Donald Trumps Immobilienimperium gekommen, um den New Yorker Geschäftsmann kennenzulernen. „Welch eine Ehre, welch eine Ehre“, bekundete Trump, der eilig aus seinem Büro auf die Straße gekommen war, dem hohen Gast seine Ergriffenheit.

Bloß war es nicht Gorbatschows Hand, welche Trump schüttelte, sondern die eines Doppelgängers, der von einem Fernsehproduzenten engagiert worden war, um die Oberflächlichkeit der New Yorker in der Verfolgung des Weltgeschehens zu illustrieren.

Trump mochte dem falschen Gorbatschow aufgesessen sein, doch sein Geschäftsinstinkt war schon damals messerscharf: In der sich öffnenden UdSSR gab es viel zu bauen. Warum nicht auch Hotels in Leningrad und Moskau?

„Werden wir beste Freunde?“

Aus diesen russischen Projekten wurde nie etwas. Doch seither zieht sich Trumps Faszination für das auch nach dem Zerfall der Sowjetunion autoritär geführte Russland bis in seine Wahlkampagne um die amerikanische Präsidentschaft. „In Sachen Führung bekommt er von mir ein A“, brachte Trump seine Verehrung des autokratischen Führungsstils von Wladimir Putin in einem Interview auf den Punkt (A ist die Höchstnote im US-Schulwesen). Noch hingebungsvoller äußerte er sich auf Twitter, als er vor drei Jahren den Miss-Universe-Wettbewerb nach Russland brachte. „Glaubt ihr, Putin wird zur Miss-Universe-Gala kommen – und wenn ja, wird er mein neuer bester Freund werden?“, fragte Trump auf Twitter.

Putin blieb der Misswahl fern, schickte Trump aber eine kostbare lackierte Schachtel aus Edelholz. Am Mittwoch bat Trump Putin um ein Geschenk der anderen Art: „Russland, wenn du zuhörst, ich hoffe, dass du in der Lage bist, die 30.000 fehlenden E-Mails zu finden.“ Trump bezog sich auf jene elektronischen Nachrichten, die Hillary Clinton von ihren privaten E-Mail-Servern löschen ließ, ehe sie diese dem FBI zur Untersuchung etwaiger Verstöße gegen Vorschriften zur Archivierung von Regierungsdokumenten übergab (das FBI fand nichts Strafwürdiges). Dieser Aufruf an eine fremde und zunehmend feindselige Macht, in den USA Spionage und Datendiebstahl zu betreiben, ist in der politischen Geschichte der USA unerhört. Möglicherweise um sich von dem Vorwurf des Hochverrats freizuspielen, ließ Trump am Donnerstag verkünden, er habe das sarkastisch gemeint. Und er legte via Twitter nach: „Ich habe NULL Investitionen in Russland.“

Von russischem Geld abhängig

Das machte man ihm zuletzt auch nicht zum Vorwurf. Hingegen begab sich Trump nach den Konkursen mehrerer Casinos, seit denen ihm US-Banken keine Kredite oder Anleihen mehr gewähren, in starke Abhängigkeit von russischen Investitionsgeldern für Hotelprojekte. Das sagte kein Kritiker, sondern sein ältester Sohn, Donald J. Trump Jr. „Russen machen einen überproportionalen Anteil vieler unserer Anlageobjekte aus“, erklärte er im Jahr 2008 bei einer Immobilienkonferenz. „Wir sehen eine Menge Geld aus Russland hereinströmen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2016)

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