Der Erzfeind von Präsident Erdogan soll hinter dem Putschversuch stehen und nach dem Willen Ankaras ausgeliefert werden.
Der in den USA lebende Prediger Fethullah Gülen macht sich nach eigenen Worten keine Sorgen, dass er in die Türkei ausgeliefert wird. Hintergrund ist der Vorwurf des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, die Gülen-Bewegung stecke hinter dem Putschversuch von vor zwei Wochen.
"Bisher hat die Regierung der USA noch nicht bestätigt, dass sie einen offiziellen Auslieferungsantrag der türkischen Regierung erhalten hat", sagte der 75-Jährige, der seit 1999 zurückgezogen in den USA lebt, der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" (Freitag-Ausgabe). "Es ist klar, dass es sich um eine politisch motivierte Forderung handelt, und ich bin zuversichtlich, dass die Fakten das zeigen werden", sagte Gülen. Er wies erneut jede Tatbeteiligung zurück: "Ich wehre mich gegen jede Anschuldigung, ich sei darin verwickelt."
"Zu viel Kredit"
Bis vor einigen Jahren verfolgten Erdogan und Gülen die gleichen Ziele, Ende 2013 kam es jedoch zum Bruch. "Es scheint so, als ob Präsident Erdogan und seine Partei nach einer zu langen Zeit an der Regierung vom Gift der Macht beeinflusst werden", sagte Gülen. "Ich habe ihnen zu viel Kredit gewährt. Ich bereue, dass ich Vertrauen in ihre Ernsthaftigkeit und ihre Versprechen hatte."
Die Suche der türkischen Regierung nach Anhängern Gülens wird auch im Ausland forciert, etwa in Deutschland. Ankara verlangte von Berlin, gegen die Gülenisten vorzugehen. Die Ansage stößt jedoch auf deutliche Kritik. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich am Freitag befremdet, der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin sprach von einer Hexenjagd auf Gülen-Anhänger in Deutschland. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte mit Blick auf eine für Sonntag geplante Großkundgebung von Anhängern Erdogans in Köln, türkische innenpolitische Auseinandersetzungen hätten in Deutschland keinen Platz.
"Grundlos verfolgt und diskriminiert"
Kretschmann sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", das türkischen Generalkonsulat in Stuttgart habe die Landesregierung aufgefordert, "Vereine, Einrichtungen, Schulen, die nach Meinung der türkischen Regierung von der Gülen-Bewegung wie sie sagt 'betrieben' werden, einer Prüfung zu unterziehen". Der Grünen-Politiker kritisierte: "Hier sollen Leute auf irgendeinen Verdacht hin grundlos verfolgt oder diskriminiert werden." Trittin wertete das Begehren im "Handelsblatt" als "dreiste Forderung nach Verfolgung".
Offenbar handelte es sich bei dem Begehren des Generalkonsulates um eine vereinzelte Aktion. Nach Angaben der Regierungen von Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen vom Freitag sind dort vergleichbare Schreiben nicht eingegangen. Alle drei Länder sind auch Standorte türkischer Generalkonsulate. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte am Donnerstag gefordert, Deutschland solle türkische Richter und Staatsanwälte mit Verbindungen zu Gülen, die sich in die Bundesrepublik abgesetzt hätten, ausliefern.
(APA/Reuters)