Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan beklagt, dass sich andere Länder um das Schicksal der Putschisten sorgen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine mangelnde Solidarität westlicher Staaten nach dem Putschversuch beklagt. Länder, die sich mehr um das Schicksal der Putschisten als um die türkische Demokratie sorgten, könnten keine Freunde sein, sagte der islamisch-konservative Politiker am Freitagabend vor Hunderten Anhängern im Präsidentenpalast in Ankara.
Das Verhalten vieler Länder und ihrer Politiker sei beschämend. Die westlichen Verbündeten der Türkei haben den Putschversuch verurteilt, sind aber überrascht, wie stark die Regierung gegen mutmaßliche Beteiligte vorgeht. Zehntausende Soldaten, Polizisten, Beamte oder Lehrer sind suspendiert, entlassen oder verhaftet worden. Ihnen werden Verbindungen zu Erdogans Rivalen Fethullah Gülen vorgeworfen. Der Staatschef wirft dem in den USA lebenden Prediger vor, hinter dem Putsch zu stecken. Gülen hat dies zurückgewiesen. Kritiker werfen Erdogan vor, den gescheiterten Staatsstreich zu nutzen, um gegen Regierungskritiker vorzugehen.
"Einmalige Geste"
In seiner Rede kündigte Erdogan am Freitag auch an, alle Beleidigungsklagen zurückzunehmen. Hintergrund sei das Gefühl, dass die Gesellschaft nach dem gescheiterten Putsch zusammenstehe. Demnach handelt es sich um eine einmalige Geste. Unklar war zunächst, ob Erdogan auch Anzeigen im Ausland zurücknehmen will.
Nach der Veröffentlichung eines Schmähgedichtes über Erdogan durch Jan Böhmermann ermittelt die Staatsanwaltschaft Mainz gegen den Satiriker wegen des Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes. Das Landgericht Hamburg hatte ihm bereits im Mai verboten, große Teile des Gedichtes zu wiederholen. Erdogans Anwalt will das Werk komplett verbieten lassen. Die Affäre hat die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei belastet.
In dem Nato-Staat selbst drohen bei einer Beleidigung des Präsidenten bis zu vier Jahre Haft. Vor dem Amtsantritt Erdogans 2014 wurde das entsprechende Gesetz kaum angewandt. Seitdem gibt es jedoch etliche Verfahren, etwa gegen Karikaturisten, Journalisten und auch Jugendliche.
(APA/Reuters)