China verurteilt Kirchenführer in Prozesswelle gegen Aktivisten

Ein chinesischer Soldat auf dem Tiananmen-Platz.
Ein chinesischer Soldat auf dem Tiananmen-Platz.APA/AFP/FRED DUFOUR
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Hu Shigen muss wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Es ist der zweite von vier Prozessen gegen Kritiker in dieser Woche.

"Ich habe die Schwere meiner Verbrechen und den großen Schaden, den ich meinem Land, der Gesellschaft, meiner Familie und mir gebracht habe, erkannt", sagte Hu Shigen am Mittwoch in einem Statement. Ein Gericht in der nordchinesischen Stadt Tianjin nahe Peking hatte den berühmten Führer einer christlichen Untergrundkirche wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.

Der 61-Jährige wolle keine Berufung einlegen, schrieb die Staatsagentur. Hu war von der Anklage vorgeworfen worden, eine "Untergrundorganisation" geführt zu haben, die sich als religiöse Gruppe "ausgab", tatsächlich aber seine Mitglieder zu Protesten gegen die Regierung aufgerufen habe. Seine "Ideologie und sein Verhalten habe das Land und die gesellschaftliche Stabilität schwer geschädigt", begründeten die Richter das Urteil.

Der ehemalige Literatur-Professo war 2008 nach 16 Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er wegen seiner Beteiligung an den 1989 blutig niedergeschlagenen Tiananmen-Proteste gesessen hatte. Er habe "konterrevolutionäre" Aktivitäten geplant und angeführt, hieß es damals. Laut der Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders wurde Hu Shigen seitdem streng von der Polizei kontrolliert, mehrfach festgenommen und unter Hausarrest gestellt.

Massive Verhaftungswelle mit 300 Gefangenen

Es ist das zweite von vier Gerichtsverfahren, das der chinesische Staat diese Woche gegen Aktivisten führt. Denn Hu wird vorgeworfen, mit drei weiteren Angeklagten zusammengearbeitet zu haben,  um die chinesische Regierung öffentlich anzuschwärzen. Am Dienstag hatte das Gericht daher bereits den Menschenrechtler Zhai Yanmin zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt - ebenfalls wegen Untergrabung der Staatsgewalt.

Die Angeklagten gehören zu mehr als 300 Anwälten, Kanzleimitarbeitern, Aktivisten und Angehörigen, die seit Juli vergangenen Jahres verfolgt worden sind. Sie sind weithin als "709" bekannt - eine Anspielung auf den Starttag der massiven Verhaftungswelle der chinesischen Sicherheitsbehörden am 9. Juli 2015.

Knapp zwei Dutzend der damals Festgenommenen seien noch in Haft, berichtete die Hongkonger Interessengruppe chinesischer Menschenrechtsanwälte (CHRLCG). Menschenrechtsorganisationen verurteilten in dieser Woche das Vorgehen und forderten die sofortige Freilassung aller Inhaftierten. Es wurde auch kritisiert, dass Anwälte und Angehörige nicht rechtzeitig über den bevorstehenden Gerichtstermin informiert worden seien.

(APA/dpa)

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