Trump: „Alarmierende Ignoranz“

Donald Trump liegt drei Monate vor der Wahl in schwerem Zank mit weiten Kreisen seiner Partei.
Donald Trump liegt drei Monate vor der Wahl in schwerem Zank mit weiten Kreisen seiner Partei. (c) REUTERS (ERIC THAYER)
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Hochrangige Sicherheitsexperten aller republikanischer Präsidenten seit Richard Nixon erklären Donald Trump, den Kandidaten ihrer Partei, für amtsuntauglich.

Washington. Der CIA-Direktor unter Präsident George W. Bush, der frühere Präsident der Weltbank, zwei ehemalige Heimatschutzminister sowie vier Dutzend weitere republikanische Sicherheitsexperten sind sich einig: Donald Trump darf nicht Präsident werden.

„Wir sind überzeugt, dass er ein gefährlicher Präsident wäre und die nationale Sicherheit sowie das Wohlergehen unserer Nation riskieren würde“, schrieben die 43 Männer und sieben Frauen, die unter den republikanischen Präsidenten Richard Nixon, Ronald Reagan sowie George Bush und dessen Sohn George W. Bush gedient hatten, in einem offenen Brief an die „New York Times“. Trump mangle es „am Charakter, den Werten und der Erfahrung, um Präsident zu sein“.

Rekord bei Anhängern – und Gegnern

Drei Monate vor der Präsidentenwahl am 8. November liegt der Kandidat der Republikaner in einem schweren Streit mit vielen einflussreichen Vertretern seiner Partei, und es ist nicht ersichtlich, wie er diesen Bruch zu kitten gedenkt. Zwar hat er die Vorwahlen klar gewonnen, doch das war zumindest ebenso auf die Zersplitterung und Mutlosigkeit seiner Gegner zurückzuführen wie auf die Begeisterung seiner Anhänger. Trump erhielt rund 13,3 Millionen Stimmen. So viele hat kein republikanischer Kandidat vor ihm bei den Vorwahlen bekommen. Doch gleichzeitig haben knapp 16 Millionen gegen ihn gestimmt: auch das ist ein Rekordwert.

Ein Appell, für Trumps demokratische Konkurrentin, Hillary Clinton, zu stimmen, ist der Brief nicht. „Wir verstehen, dass viele Amerikaner über die Bundesregierung und ihre Unfähigkeit, drängende nationale und internationale Probleme zu lösen, zutiefst frustriert sind“, schreiben sie. „Wir wissen auch, dass viele Zweifel an Hillary Clinton haben, so wie viele von uns. Aber Donald Trump ist nicht die Antwort. Wir sind überzeugt, dass er im Oval Office der rücksichtsloseste Präsident in der amerikanischen Geschichte wäre.“

Trump kritisiert „Washingtoner Elite“

Die Experten werfen Trump charakterliche Schwächen vor, die ihn disqualifizierten: „Herr Trump hat kein Interesse daran gezeigt, sich zu bilden. Er legt eine alarmierende Ignoranz grundlegender Fakten über die gegenwärtige internationale Politik an den Tag.“

Trump schlug sofort zurück und nannte die Unterzeichner des Briefs „die gescheiterte Washingtoner Elite, die versucht, an ihrer Macht festzuhalten“. Sie seien „jene, bei denen das amerikanische Volk nach Antworten dafür suchen sollte, wieso die Welt so ein Chaos ist, und wir danken ihnen dafür vorzutreten, damit jeder im Land weiß, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die Welt so ein gefährlicher Ort ist“.

Trumps Kritik an seinen Kritikern, zu denen der Ex-CIA-Direktor Michael Hayden, der frühere Weltbankpräsident Robert Zoellick und John Negroponte, der erste Inhaber des Amts als Direktor für Nationale Sicherheit, zählen, ist nicht ganz grundlos. Viele von ihnen bereiteten schließlich den Boden für die fatale Irak-Invasion der US-geführten Allianz, an deren Folgen der Nahe Osten im Speziellen und die Welt im Allgemeinen noch 13 Jahre später nagen.

Glaubwürdig ist Trump in dieser Frage allerdings nicht, denn seine Behauptung, er sei stets dagegen gewesen, wird durch Interviews wie jenes auf Fox News vom 21. März 2003 falsifiziert, wo Trump drei Tage nach Beginn der Invasion sagte, „der Krieg sieht aus militärischer Sicht wie ein enormer Erfolg aus“.

Ungemach in Utah

Konkretes Ungemach droht Trump jedenfalls von einem weiteren früheren CIA-Beamten. Evan McMullin, ein republikanischer Mormone, erklärte am Montag, als Unabhängiger zur Präsidentenwahl anzutreten. Zwar ist er chancenlos, weil die Fristen zur Registrierung in der Mehrzahl der US-Teilstaaten bereits verstrichen sind.

Doch in Utah, seinem Heimatstaat, könnte er Trump schädigen. Trump liegt in diesem Staat, der seit 1964 für keinen demokratischen Präsidentschaftskandidaten gewählt hat, zwar laut neuester Umfrage zwölf Prozentpunkte voran. McMullin wird aber von einer finanzkräftigen Gruppe rund um John Kingston gefördert, einem Unterstützer des Trump-Erzfeinds Mitt Romney. Wenn er Trump genügend viele Stimmen kostet, um Clinton einen Überraschungssieg zu ermöglichen, wäre Trumps Weg ins Weiße Haus praktisch unmöglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2016)

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