Ankara setzt seine Offensive in Nordsyrien gegen den IS und Kurden fort. Bei einem Anschlag in der türkischen Grenzstadt Cizre sterben mindestens elf Menschen.
Bei einer Explosion nahe des Polizei-Hauptquartiers in der Stadt Cizre im Südosten der Türkei sind nach Informationen aus Sicherheitskreisen mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 87 seien verletzt worden, hieß es am Freitag. Während der Kontrollen der Polizei sei ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen explodiert, teilte das Gouverneursamt der Provinz Sirnak, die an Syrien und den Irak grenzt, mit. Auf TV-Bildern war eine hohe Rauchsäule über der Explosionsstelle zu sehen.
Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Die türkische Regierung macht jedoch die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) dafür verantwortlich. Der türkische Premier Binali Yildirim drohte ihr am Freitag mit Vergeltung. "Wir werden diese hinterhältige Terrororganisation, die eine Geißel für uns Land ist, in die Knie zwingen", sagte er in Istanbul.
Die Hintergründe des Anschlags sind noch unklar. Sie könnten aber im Zusammenhang mit der jüngsten Offensive der türkischen Armee in Nordsyrien gegen die Terrororganisation Islamischer Staat und kurdische Milizen stehen. Am Freitag, zwei Tage nach Beginn der Bodenoffensive, schickte die Türkei weitere Panzer über die Grenze nach Jarublus.
Türkei feuert auf kurdische Stellungen
An der Seite der Türkei kämpfende syrische Rebellen hatten die Stadt am Westufer des Euphrats am Mittwoch bon der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) erobert. Mit Unterstützung von US-Kampfflugzeugen hatte die Türkei am Mittwoch ihre bisher größte Offensive gegen den IS auf syrischem Territorium gestartet.
Der türkische Premier Binali Yildirim wies am Freitag Vorwürfe zurück, wonach vorrangig die Kurdenmiliz YPG Ziel der Angriffe wäre. Es handle sich um eine "unverschämt Lüge", erklärte er in Istanbul. Laut türkischen Medienberichten hatten türkische Truppen am Vortag das Feuer auf die YPG nahe der Stadt Manbij eröffnet.
Unter Berufung auf Geheimdienstinformationen hieß es, die YPG habe sich nicht wie angenommen auf das Ostufer des Euphrats zurückgezogen, sondern habe versucht, Geländegewinne zu erzielen. Ankara und Washington hatten von der Kurdenmiliz gefordert, ihre Einheiten in die Region östlich des Flusses Euphrat zu verlegen. Die Türkei hatte erklärt, sie werde ihren Militäreinsatz in Nordsyrien solange fortsetzen, bis die Kurden auf die andere Flussseite zurückgedrängt seien. Ankara will verhindern, dass die Kurden in Syrien ihr Herrschaftsgebiet weiter vergrößern und dort noch mehr Autonomie bekommen.
Yildirim betonte am Freitag jedoch, es gehe vor allem darum den IS zurückzudrängen. "Wir werden die Operation so lange fortsetzen bis die Sicherheit unserer Grenzen zu 100 Prozent wieder hergestellt ist ... bis die Elemente von Daesch (arabische Abkürzung für den IS, Anm.) aus der Region verjagt sind", erklärte er.
Kurden versichern Verlegung der Truppen
Anadolu hatte zuvor berichtet, US-Außenminister John Kerry habe seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu in einem Telefongespräch am Donnerstag versichert, die Verlegung der kurdischen Verbände sei im Gange.
Der Sprecher der US-geführten internationalen Koalition, John L. Dorrian, erklärte, der Großteil der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) habe sich östlich des Euphrats zurückgezogen. Einige Einheiten seien jedoch zurückgeblieben, um zusammen mit Einwohnern Sprengfallen zu beseitigen und sicherzustellen, dass es keine IS-Schläferzellen gebe. Bei den Demokratischen Kräften Syriens handelt es sich um ein Bündnis, das von der Kurdenmiliz YPG dominiert wird.
Die YPG ist in Syrien im Kampf gegen den IS der wichtigste Partner der internationalen Koalition. Die Kurden haben von den Extremisten im Norden Syriens mit Luftunterstützung der Koalition große Gebiete erobert und dort eine Selbstverwaltung ausgerufen. Zudem kontrollieren die Kurden den größten Teil der Grenze zur Türkei.
(APA/dpa)