Die AfD wird der CDU-Kanzlerin bleiben

Petry, chairwoman of the anti-immigration party Alternative for Germany (AfD), and AfD leader Meuthen sing at the end of the second day of the AfD congress in Stuttgart
Petry, chairwoman of the anti-immigration party Alternative for Germany (AfD), and AfD leader Meuthen sing at the end of the second day of the AfD congress in Stuttgart(c) REUTERS (WOLFGANG RATTAY)
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Die Rechtspopulisten sind gerade dabei, sich dauerhaft zu etablieren – auch dank Merkel.

Berlin. In den Altparteien, wie sie von der AfD, der Alternative für Deutschland, so gern genannt werden, war zuletzt kurz Hoffnung aufgekeimt: Die AfD sei auf dem besten Weg, an ihr selbst zu scheitern. Glaubte man. Wollte man glauben. Doch dann, Mitte August, beendeten die Parteichefs, Frauke Petry und Jörg Meuthen, ihren Machtkampf. Man will sich jetzt doch wieder vertragen.

Den AfD-Anhängern war das ohnehin egal gewesen, mehr oder weniger. Zwischenzeitlich fiel die Partei zwar in der Wählergunst auf neun Prozent zurück. Mittlerweile ist sie aber längst wieder zweistellig. Das Meinungsforschungsinstitut Insa sieht die AfD sogar bei 14 Prozent, während die Union um Kanzlerin Angela Merkel auf 35 Prozent zurückgefallen ist und die SPD bei 22 Prozent stagniert.

Und jetzt beweist eine Studie auch noch, was ohnehin alle vermutet haben: dass die rechtspopulistische Partei gerade dabei ist, sich dauerhaft zu etablieren. Denn die Zahl der Stammwähler, also jener Personen, die eine Partei aus Überzeugung und nicht aus einer Protesthaltung heraus wählen, ist im Falle der AfD auf 4,5 Prozent angewachsen. Das sind mehr treue Anhänger, als die FDP über all die Jahre hatte. Zwischen 1984 und heute bekannten sich durchschnittlich nur 3,8 Prozent zu den Liberalen.

Die Zahlen stammen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Humboldt-Universität in Berlin. Gemeinsam hat man einen sozio-ökonomischen Panel ausgewertet, den es seit Mitte der 1980er-Jahre gibt. Laufend fließen dort Interviews aus 16.000 Haushalten ein. Neben einer hohen Repräsentativität hat das den Vorteil, dass sich langfristige Entwicklungen ziemlich genau ablesen lassen.

Manchmal reicht aber auch ein Blick auf die Wahlergebnisse: Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 hat es die AfD in acht Landesparlamente geschafft. Sie ist also schon in jedem zweiten Bundesland vertreten. Nächstes Wochenende soll Mecklenburg-Vorpommern dazukommen. Und zwei Wochen später dann Berlin.

Im Nordosten Deutschlands, in Mecklenburg-Vorpommern, könnte die AfD aus dem Stand mehr als 20 Prozent schaffen und die CDU von Platz zwei verdrängen. Obwohl sie dort nicht einmal 500 Mitglieder hat. In einer aktuellen ARD-Umfrage liegt sie nur einen Punkt hinter der Union (21 bzw. 22 Prozent). Die SPD (27) dürfte die Wahl gewinnen, aber mit dem historisch schlechtesten Ergebnis. Und auch die Linke (14) kommt unter die Räder der AfD.

Populisten schlucken Rechte

Schaden nimmt aber auch eine andere, radikalere rechte Partei. Die NPD sitzt seit 2006 im Landtag von Schwerin, dieses Mal könnte sie an der Vier-Prozent-Hürde scheitern. Nicht wenige glauben, dass die NPD über kurz oder lang in der AfD aufgehen wird. Immerhin gebe es dort „ja einige ordentliche Leute“, wie NPD-Funktionär David Petereit vor einigen Wochen bemerkte.

Der Modus Operandi der AfD mag dem gelernten Österreicher bekannt vorkommen: Sie schürt Existenzängste und präsentiert zugleich einfache, utopische Lösungen. Auch in der Themensetzung ließen sich die Buchstaben AfD ebenso gut durch drei andere ersetzen: FPÖ. Heimat ist gut, Migration schlecht. Man ist gegen das „System“ und für eine konservative, sehr großzügige Familienpolitik. Die Parteifarbe ist dieselbe. Und auch in anderen Fragen ist man mit den österreichischen Blauen einer Meinung: Man verurteilt die Russland-Sanktionen und will mehr direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild.

Die Botschaften kommen an, besonders bei Männern, Unter-30-Jährigen, Arbeitern und weniger Gebildeten, aber offenbar auch im urbanen Milieu. Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat Berlin mit eher mäßigem Erfolg zum Widerstand gegen die AfD aufgerufen. Manche Institute sehen sie bei 14 oder 15 Prozent.

Neben der SPD schwächelt in Berlin auch die CDU. Es war kein Zufall, dass sich nach den Terroranschlägen in München und Ansbach ausgerechnet die Unions-Spitzen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, Frank Henkel und Lorenz Caffier, am lautstärksten für eine schärfere Sicherheitspolitik eingesetzt und die liberale Flüchtlingspolitik kritisiert haben. Neben den CSU-Kollegen natürlich. Aber nicht nur in Bayern prophezeien manche schon, dass man die AfD dereinst zu Angela Merkels Erbmasse zählen wird müssen: Weil sie – frei nach Franz Josef Strauß – rechts von der Union zu viel Platz gelassen hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2016)

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