Stichwort: Der slowenisch-kroatische Grenzstreit

18 Jahre lang streiten Slowenien und Kroatien schon über den Verlauf ihrer im früheren gemeinsamen Staat Jugoslawien nicht bis ins letzte Detail festgelegten Grenze.

Slowenien hat seine zehn Monate dauernde EU-Blockade Kroatiens beendet (mehr...). Voraussetzung dafür war ein Kompromiss in dem seit 18 Jahren schwelenden Grenzstreit zwischen den beiden Nachbarländern. Hier der Hintergrund des Streit.

Bereits im Jahr 2001 hatten Slowenien und Kroatien ein fertiges Grenzverlaufsabkommen ausverhandelt, das den Namen der damaligen Regierungschefs Janez Drnovsek und Ivica Racan trug. Zagreb nahm von dem Abkommen einseitig wieder Abstand und drängt auf einen internationalen Schiedsspruch im Grenzstreit. Dies will Ljubljana nicht akzeptieren, weil es dem Nachbarland vorwirft, in den vergangenen Jahren zahlreiche Präjudizien im Grenzgebiet gesetzt zu haben, die zunächst einmal zurückgenommen werden müssten.

Größter Zankapfel: Die Adria-Grenze

Der größte Zankapfel im Konflikt ist die Seegrenze, die im gemeinsamen Staat überhaupt nicht bestimmt war. Ljubljana argumentiert, dass die Adria-Bucht von Piran in jugoslawischer Zeit zur Gänze von der namensgebenden slowenischen Küstenstadt aus verwaltet worden war. Die südlich angrenzende kroatische Halbinsel Savudrija war damals kaum besiedelt. Kroatien argumentiert mit der UNO-Seerechtskonvention, wonach Buchten grundsätzlich in der Mitte geteilt werden.

Vom Grenzverlauf in der Bucht hängt ab, ob Slowenien Zugang zu internationalen Gewässern in der Oberen Adria hat. Die Mittellinie verläuft in nordwestlicher Richtung und trifft vor der Bucht auf die italienische Seegrenze. Damit würden die slowenischen Territorialgewässer zu einer "Badewanne" ohne Zugang zum südwestlich von der Bucht beginnenden offenen Meer. Aus slowenischer Sicht beginnt die Seegrenze an der westlichen Spitze der Halbinsel Savudrija und verläuft leicht südwestlich zum offenen Meer hin. Das Abkommen Drnovsek-Racan gibt Slowenien 80 Prozent der Bucht und einen Korridor zu internationalen Gewässern, wodurch auch Kroatien eine eigene Seegrenze mit Italien hat.

Drei strittige Landgrenzen

Das Abkommen klärte auch drei strittige Abschnitte der Landgrenze, die an den Flüssen Dragonja und Mur in Einklang mit dem Flussverlauf gebracht wurde. Zudem sollte Kroatien den von der slowenischen Armee gehaltenen Berg Sveta Gera (Trdinov vrh) erhalten, der im kroatischen Grundbuch steht.

Südlich des in die Bucht von Piran mündenden Flusses Dragonja beansprucht Ljubljana ein 113 Hektar großes Gebiet für sich, das derzeit von Zagreb kontrolliert wird. Kroatien errichtete nach der Unabhängigkeitserklärung einen Grenzübergang an der Flussbrücke und schnitt damit die Landverbindung zwischen dem Gebiet und Slowenien ab. Obwohl Zagreb nach einem diplomatischen Protest Ljubljanas versichert habe, dass der Grenzübergang Plovanija nur ein Provisorium sei, sei er jüngst gegenüber der EU als offizielle Grenzübertrittsstelle angeführt worden. Auch habe Kroatien im Jahr 1993 eigene Grundbücher für das im slowenischen Kataster stehende Gebiet am linken Flussufer "erfunden", kritisiert Slowenien.

Noch verzwickter ist die Lage an der Mur im Nordosten. Kroatien gründet seinen Anspruch auf 207 Hektar am linken (nördlichen) Flussufer auf Grundbucheinträge. Slowenien argumentiert, dass bis 1991 die slowenische Polizei das linke Mur-Ufer kontrollierte. Umgekehrt stehen Teile des rechten Mur-Ufers im slowenischen Kataster. Im Herbst 2006 schickte der damalige slowenische Regierungschef Janez Jansa sogar Spezialpolizisten in das Au-Gebiet, um den Bau eines Dammes durch kroatische Arbeiter zu verhindern.

2004: Festnahme von kroatischem Minister

Es war die schwerste Zuspitzung des Grenzstreits, der sich bis dahin meist auf Geplänkel zwischen slowenischen und kroatischen Fischern in der Piran-Bucht beschränkte. Im September 2004 - kurz vor der slowenischen Parlamentswahl - gab es einen weiteren Aufsehen erregenden Zwischenfall, als kroatische Polizisten den damaligen slowenischen Umweltminister Janez Podobnik festnahmen. Er wollte unter Umgehung der Grenzstation Plovanija ans linke Dragonja-Ufer gelangen. Der dort lebende slowenische Grenzrebell Josko Joras liefert sich seit Jahren einen Kleinkrieg mit den kroatischen Behörden. Im April 2008 landete er seinen größten Coup, als ihm das Bezirksgericht Piran das Recht zubilligte, von Zagreb aufgestellte Blumentröge von seiner Hauseinfahrt entfernen zu lassen. Ein Protestmarsch slowenischer Nationalisten zur Exekution des Urteils scheiterte am Widerstand kroatischer Polizisten. Zagreb entfernte die Tröge dann aber selbst.

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