Kroatien: Rechte erobern Spitzenplatz zurück

„Wir sind happy“, verkündete HDZ-Chef Andrej Plenković (Mitte).  Er hat die Partei erfolgreich neu positioniert.
„Wir sind happy“, verkündete HDZ-Chef Andrej Plenković (Mitte). Er hat die Partei erfolgreich neu positioniert. (c) REUTERS (ANTONIO BRONIC)
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Für den Erfolg der konservativen HDZ sind vor allem die Patzer des sozialdemokratischen Oppositionschefs Milanović verantwortlich. Dieser kündigte seinen Rücktritt an.

Belgrad/Zagreb. Wenn's nicht läuft, ist notfalls immer der lästige Souverän schuld. Erst nach Mitternacht trat Kroatiens sichtbar gezeichneter Oppositionschef Zoran Milanović in Zagreb vor die Kameras. „Das war kein glücklicher Tag für Kroatien“, kommentierte der Chef der sozialdemokratischen SDP die Wahlschlappe des von ihm geführten Bündnisses der Nationalen Koalition, die sich mit 54 von 151 Mandaten überraschend klar der konservativen HDZ (61 Mandate) geschlagen geben musste: Es sei „sehr schlecht“ gewesen, dass so wenige Wähler von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht hätten. Am Montag kündigte er seinen Rückzug von der Parteispitze an.

„Wir sind happy“, verkündete hingegen freudestrahlend der neue HDZ-Chef, Andrej Plenković. Zur Zufriedenheit hat der bisherige Europaparlamentarier allen Grund: Als der 46-jährige Jurist vor knapp zwei Monaten den verwaisten Parteivorsitz übernahm, schien die HDZ vor dem Absturz ins Bodenlose zu stehen. In einem wirren, mit nationalistischer Rhetorik begleiteten Kamikaze-Kurs hatte sein schließlich über einen Korruptionsskandal gestrauchelter Vorgänger, Tomislav Karamarko, die von dem parteilosen Premier Tihomir Orešković geführte Koalition der HDZ mit der klerikalen Reformpartei Most nach nicht einmal sechs Monaten krachend an die Wand gefahren.

Wende zurück zur Mitte

Nur wenige Kroaten hätten nach dem Aus für die desolate Pannenregierung noch eine Kuna auf eine Fortsetzung der gescheiterten Ehe zwischen der HDZ und Most gesetzt. Doch der betont ruhig auftretende Andrej Plenković machte mit seiner Wende zurück zur Mitte im Stimmenstreit fast alles richtig, sein impulsiver Rivale Zoran Milanović mit seinem nationalistischen, vor allem den eigenen Anhang vor den Kopf stoßenden Gepolter dagegen so gut wie alles falsch: Ihr Wahlwunder hat die HDZ damit auch den Fehlern der Opposition zu verdanken.

Den Grund für die Pleite der SDP sieht die Zeitung „Jutarnij List“ in deren ausgebliebener Erneuerung nach ihrer Verbannung in die Opposition zu Jahresbeginn. Die SDP habe die Wahl in dem Moment verloren, in dem sie Milanović zu einem erneuten Mandat als Parteichef verholfen habe, analysiert das Blatt. Milanović habe die Partei „für sich geordnet“, die Partei sich dem ebenso umstrittenen wie verschlissenen Ex-Premier hingegen ohne Not „freiwillig untergeordnet“: „Die SDP hat diese Wahl nicht verloren, weil die Leute glaubten, dass die HDZ und die Protestparteien ihnen mehr geben können, sondern weil sie sicher waren, dass ihnen Milanović absolut nichts mehr bieten kann.“

„Jetzt HDZ-Most, für Milanović Zeit für den Abtritt“, titelte am Montag dann auch das Webportal Index.hr. Tatsächlich hat die HDZ zumindest den Weg zu einem zweiten Anlauf einer um die Minderheitenparteien verstärkten Koalition mit der Most geebnet. Bislang hatten sich die Politnovizen der Most für die HDZ allerdings als wenig berechenbare Partner erwiesen. Und auch ihr jetziger Forderungskatalog wie etwa die Aufkündigung des Fischereiabkommens mit der EU schon vor einer Regierungsbildung mutet eher unrealistisch an.

Die Zeichen in Zagreb scheinen dennoch auf eine Neuauflage der HDZ-Most-Koalition zu stehen. Denn mit den HDZ-Zuwächsen und den kräftigen Verlusten von Most, die ein Drittel ihrer Abgeordneten einbüßte, hat sich das Kräfteverhältnis der Partner merklich zugunsten der HDZ verändert: Falls Most beim Koalitionspoker erneut kompromisslos bocken sollte, könnte die HDZ ihr mit einer großen, bisher resolut ausgeschlossenen Koalition mit der SDP oder gar Neuwahlen drohen.

Die Most werde zu akzeptieren haben, dass sie in einer Koalition nur der Juniorpartner sei, und mit ihren „Kinderspielen“ aufhören müssen, glaubt der Analyst Zarko Puhovski: „Sonst werden Neuwahlen folgen, bei denen die Most ausgelöscht – und an deren Ende eine Koalition von SDP und HDZ stehen würde.“

Auf einen Blick

Die Regierungspartei HDZ hat die vorgezogenen Parlamentswahlen in Kroatien überraschend deutlich gewonnen. Die Konservativen erreichten 61 Mandate. Das von den oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) geführte Mitte-links-Bündnis kam auf 54 Sitze. Die Reformpartei Most gewann 13 Sitze. Umfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Lager prognostiziert. In Zagreb scheinen die Zeichen für eine Neuauflage der HDZ-Most-Koalition zu stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)

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