Ferrero-Waldner kämpft um den Unesco-Chef-Posten

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Abstimmung über den neuen Unesco-Chef in Paris: Österreichs EU-Kommissarin Ferrero-Waldner und der ägyptische Kulturminister sind die aussichtsreichsten Kandidaten. Scheitert Ferrero, könnte sie in der EU-Kommission bleiben

Bei der UNO-Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturorganisation Unesco in Paris beginnt am heutigen Donnerstagabend nach wochenlangen Kontroversen über den Favoriten Farouk Hosni, dem antisemitische Aussagen vorgeworfen werden, die Wahl des neuen Generalsekretärs und Nachfolgers des Japaners Koichiro Matsuura. Außer dem ägyptischen Kulturminister, der lange als Favorit galt, sind acht weitere Bewerber im Rennen, darunter EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner.

An der Wahl beteiligen sich die Mitglieder des Exekutivrats, in dem turnusmäßig 58 der insgesamt 193 Mitgliedsländer der Unesco vertreten sind. Bei der geheimen Abstimmung muss ein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen. Ansonsten finden bis kommenden Dienstag vier weitere Abstimmungen statt. Offiziell bestellt wird der neue Generalsekretär, der vier Jahre lang im Amt bleibt, dann im Oktober von der Generalversammlung der Unesco.

Farouk Hosni, der in Ägypten seit 20 Jahren Kulturminister ist und bereits 2007 mit der Unterstützung der Arabischen Liga, der Afrikanischen Union und der Organisation der Islamischen Konferenz zum Kandidaten für den Posten ernannt wurde, erklärte jüngst, dass er bereits über 32 Stimmen im Exekutivrat verfüge, also mehr als für den Sieg nötig. Für ihn spricht auch das Prinzip des Wechsels zwischen der industrialisierten Welt und den Entwicklungsländern. Er könnte somit zum ersten arabischen Chef der Unesco werden.

Einzige Hürde auf seinem Weg zum Sieg war Hosnis Aussage, er würde israelische Bücher "sofort verbrennen", sollte er auf solche in ägyptischen Bibliotheken stoßen. Im französischen Fernsehen verteidigte sich der Kulturminister mit der Erklärung, der Satz sei "aus dem Kontext genommen" worden, und er äußerte sein Bedauern. Zu den entschiedensten Kritikern des Ägypters zählt das Zentrum Simon Wiesenthal, das Hosnis Kandidatur als "Anathem für diesen Tempel der Kultur und des Dialogs" bezeichnete. Die Organisation wirft dem Kulturminister unter anderem auch vor, vor einigen Jahren den französischen Auschwitz-Leugner Roger Garaudy nach Kairo eingeladen zu haben.

In einem gemeinsamen Plädoyer richteten sich auch der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel sowie die französischen Philosophen Bernard-Henri Levy und Claude Lanzmann gegen die Kandidatur des Ägypters. Sie sprachen in dem Artikel vom "angekündigten Untergang" der Unesco und erinnerten daran, dass Hosni unter anderen von der "jüdischen Infiltrierung der Medien" gesprochen habe. Alle diese Anschuldigungen wurden von Hosni allerdings als unwahr bestritten. Jüngst erhielt der Ägypter die Unterstützung des französischen Nazi-Jägers Serge Klarsfeld, der seiner Genugtuung über die "öffentliche Reue" Hosnis Ausdruck verlieh.

Israel ließ unterdessen verlauten, dass es als Zeichen der Aussöhnung mit Ägypten nichts gegen die Kandidatur Hosnis unternehmen werde. Auf demselben Standpunkt stehen offiziell auch die USA. Französische Vertreter ließen wissen, dass sie den Ägypter unterstützen, wenn sich Frankreich auch offiziell aufgrund seiner Rolle als Gastland neutral gibt. Diese zustimmende Haltung stößt nicht bei allen europäischen Ländern auf Zuspruch. Dennoch räumte die EU-Kommissarin Ferrero-Waldner jüngst selbst ein, dass ihre Siegeschancen gesunken seien. Unter den weiteren Kandidaten befinden sich insbesondere der russische Vize-Außenminister Alexander Iakovenko und die ehemalige Botschafterin von Ecuador in Washington, Ivonne Baki. Die weiteren Kandidaten stammen aus Litauen, Bulgarien, Benin und Tansania.

(APA)

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