US-Wahl 2016: Clinton traf Trumps wunde Punkte

Die Kandidaten Clinton und Trump
Die Kandidaten Clinton und Trump(c) APA/AFP/TIMOTHY A. CLARY (TIMOTHY A. CLARY)
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Einen klaren Sieger hatte die erste Debatte der Kandidaten nicht. Doch der Demokratin Clinton gelang es, ihren republikanischen Konkurrenten Trump mehrfach aus der Fassung zu bringen.

Oft hört man es nicht, dass sich ein Politiker, der sich um das höchste Amt im Staate bewirbt, vor einem Rekordpublikum rühmt, das Steuerzahlen vermieden und persönlich von der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg profitiert zu haben. Doch Donald Trump, der republikanische Kandidat für die US-Präsidentschaft, ließ sich in der Nacht auf Dienstag während der ersten Fernsehdebatte gleich mehrfach von seiner demokratischen Konkurrentin Hillary Clinton zu diesen Aussagen provozieren.

"Vielleicht will er nicht, dass das amerikanische Volk, das heute Abend zuschaut, erfährt, dass er keine Einkommensteuer zahlt", schloss Clinton ihre Kritik an Trumps Weigerung, seine Steuererklärungen dem vier Jahrzehnte alten Usus für Präsidentschaftskandidaten entsprechend zu veröffentlichen. "Das zeigt, dass ich schlau bin, schoss Trump zurück. Als Clinton ihren Vorwurf wiederholte, er habe in vielen Jahren dank buchhalterischer Tricks keine Einkommensteuer geleistet, sagte er: "Die wäre ohnehin verschwendet worden."

Ähnlich lief es, als Clinton Trump vorwarf, er habe aus persönlicher Gewinnsucht auf die Immobilienkrise gesetzt, die 2007 über die USA hereinbrach. "Das nennt man Business", antwortete Trump.

"Donald hatte sehr viel Glück in seinem Leben"

Erfolgreich reizte Clinton ihren Gegner auch mit einem Hinweis darauf, dass sein Mythos vom Selfmade-Milliardär nicht ganz korrekt ist. "Wissen Sie, Donald hatte sehr viel Glück in seinem Leben. Er begann sein Unternehmen mit 14 Millionen Dollar, geborgt von seinem Vater, und er glaubt wirklicht, dass es uns umso besser geht, je mehr man reichen Leuten hilft." Trump nahm auch diesen Köder an und antwortete: "Mein Vater hat mir 1975 ein sehr kleines Darlehen gegeben, und ich habe es zu einem Unternehmen aufgebaut, das viele, viele Milliarden Dollar wert ist." Ob Trumps verschachteltes Firmengeflecht tatsächlich so viel wert ist, lässt sich nicht seriös beantworten, weil er seine Steuererklärung unter Verschluss hält.

Mit dem Beharren auf Trumps Geheimnistuerei um seine Steuern wehrte Clinton auch seinen stärksten Angriff des Abends auf sie ab, nämlich die Frage nach den Zehntausenden E-Mails, die sie als Außenministerin von 2009 bis 2013 auf einem privaten Server verwalten und später hatte löschen lassen. "Ich habe einen Fehler gemacht", sagte Clinton wie schon mehrfach zuvor, und erstaunlicherweise stieß Trump nicht in diese Bresche vor.

"Lange Geschichte rassistischen Verhaltens"

Am schärfsten griff Clinton Trump in der Frage des Rassismus an. "Er hat eine lange Geschichte rassistischen Verhaltens", warf sie ihm angesichts seiner erst vor Kurzem und eher halbherzig beendeten Förderung der rechtsextremen Lüge vor, Präsident Barack Obama sei nicht in den USA geboren und somit nicht für sein Amt legitimiert. "Ich habe ihn dazu gebracht, 2011 seine Geburtsurkunde vorzulegen. Und ich finde, das habe ich sehr gut gemacht", lautete Trumps Replik.

Clinton erinnerte in diesem Zusammenhang auch daran, dass Trump als junger Immobilieninvestor zweimal vom US-Justizministerium verklagt wurde, weil er systematisch potenzielle schwarze Mieter vergrault hatte.

Wortgefecht um Clintons Stehvermögen

Außenpolitisch brachte der Abend nichts neues. Clinton wiederholte ihre Warnung, man dürfe einen Mann, der sich von einem Tweet provozieren lässt, nicht in die Nähe der Codes für die US-Atomwaffen lassen. Trump hielt ihr entgegen, für die Destabilisierung des Nahen Ostens verantwortlich zu sein. Auch schlug er erneut vor, dass US-Truppen das irakische Erdöl hätten an sich nehmen sollen, "denn dann wäre ISIS nie entstanden." Diese Behauptung wird auch von republikanischen Sicherheitsexperten wie dem früheren CIA-Direktor Michael Hayden als fahrlässig bewertet.

Trump warf Clinton zudem vor, nicht das Stehvermögen für das Präsidentenamt zu haben. Sie konterte: "Wenn er 112 Staaten bereist, Waffenstillstände und Abkommen verhandelt hat, dann kann er kommen und mit mir über Stehvermögen reden."

Stark war auch der Unterschied der beiden Kandidaten im Umgang mit der wachsenden Gefahr der Cyberspionage. Während Clinton dieses Problem wortreich umriss und darauf hinwies, dass Trump russische Hacker öffentlich dazu aufgefordert hatte, ihre E-Mails zu stehlen und zu veröffentlichen, sagte Trump zu diesem Thema folgendes: "Es könnte auch China gewesen sein. Oder ein 200 Kilo schwerer Typ in seinem Bett. Mein Sohn ist zehn Jahre alt. Er kennt sich so gut mit Computern aus, das ist unglaublich."

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