Gaddafi-Gelder: Tagebuch bringt Sarkozy in Bedrängnis

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Aufzeichnungen des 2012 in Wien ertrunkenen libyschen Ölchefs Ghamen sollen einen 6,5 Millionen-Euro-Geldtransfer belegen.

Im April 2012 ist Libyens Ex-Ölminister Shukri Ghanem unter mysteriösen Umständen in Wien in der Donau ertrunken. Zu Lebzeiten führte er offenbar akribisch Tagebuch, was nun den konservativen Präsidentschaftskandidaten und französischen Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy arg in Bedrängnis bringt. Belegt es laut Medienberichten doch den Transfer von 6,5 Mio. Euro aus Libyen auf Sarkozys Kampagnenkonto.

In den Aufzeichnungen, aus denen die französische Enthüllungsplattform "Mediapart" am Dienstagabend zitierte, findet sich demnach ein detailliertes Protokoll eines Treffens am 29. April 2007 auf dem Anwesen des Kabinettsdirektors des früheren libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, Bechir Saleh, rund 40 Kilometer südlich der Hauptstadt Tripolis. Anwesend waren außer dem damaligen Ölminister Ghanem und Saleh auch der frühere Geheimdienstchef Gaddafis Abdallah Senoussi.

Das Treffen fand zwischen der ersten und zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahl 2007 statt. Dementsprechend drehten sich die Gespräch nach Angaben von "Mediapart" auch um libysche "Hilfsgelder" für den späteren Gewinner, Nicolas Sarkozy. Laut Ghanems Aufzeichnungen erhielt Sarkozy Überweisungen in Höhe von 1,5 Millionen Euro von Gaddafis Kabinettschef Saleh, 3 Mio. von dem lange in Österreich lebenden Gaddafi-Sohn Saif al-Islam sowie weitere 2 Mio. von Geheimdienstchef Senoussi. Die Teilnehmer äußerten jedoch Bedenken, ob die Gelder bei Sarkozy angekommen seien.

Ghanems Tagebuch wurde laut französischen Medienberichten bei einer Razzia in den Niederlanden gefunden und zunächst an die norwegische Justiz übersandt, die gegen Ghanem wegen Korruption ermittelte. Nun liegen die Aufzeichnungen auch den französischen Behörden vor, die bereits seit April 2013 in der Angelegenheit ermittelt.

Bereits im April 2012 hatte "Mediapart" ein Dokument veröffentlicht, das eine Wahlkampffinanzierung in Höhe von 50 Mio. Euro vom Gaddafi-Clan an Sarkozy belegen soll. Sarkozy hat dessen Echtheit stets bestritten und das Medienportal geklagt. Der französischen Justiz gelang es aber nicht, eine Fälschung nachzuweisen.

Ghanem selbst ertrank nur einen Tag der Veröffentlichung des Dokuments in der Donau bei Wien-Kaisermühlen. Der offizielle Obduktionsbericht der österreichischen Behörden kam zum Schluss, dass Ghanem einem Herzanfall erlegen sei. Die Wiener Staatsanwaltschaft schloss Fremdverschulden aus. Nur wenige Tage nach Ghanems Tod wurde sein Leichnam nach Libyen überführt und dort begraben.

Wie im Zuge der Email-Affäre um die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton veröffentlichte Emails zeigten, zweifelte man jedoch auch international an einer natürlichen Todesursache. In einem Schreiben an Clinton heißt es, sowohl Interpol als auch die österreichischen Behörden hielten den Todesfall für "äußerst verdächtig". Auch spekulierten US-Diplomaten in den Emails, Ghanem sei am heimlichen Abzweigen von Geld für den Gaddafi-Klans ins Ausland beteiligt gewesen.

"Shukri war in bedeutende finanzielle und politische Geheimnisse eingeweiht, die mit Korruption in Zusammenhang stehen und die französische Rechte destabilisieren können hätten", zitiert de französische Tageszeitung "Le Monde" den französisch-libyschen Mittelsmann und Ghanem-Vertrauten Ziad Takieddine.

Ghanem war während der Herrschaft von Muammar al-Gaddafi von 2003 bis 2006 Ministerpräsident Libyens, danach steuerte er als Chef des Staatskonzern NOC und Ölminister den Ölhandel des arabischen Staates. Der frühere Experte bei der in Wien ansässigen Ölorganisation OPEC galt als Freund von Gaddafi-Sohn Saif al-Islam. Nach dem Beginn des Aufstands in Libyen im Frühjahr 2011 sagte Ghanem sich vom Gaddafi-Regime los und setzte sich nach Wien ab.

(APA)

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