Der Kongo schlittert ins Chaos

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FILES-DRCONGO-POLITICS-UNREST(c) APA/AFP/EDUARDO SOTERAS
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Die USA ziehen ihre Diplomaten ab, warnen vor gewaltsamen Unruhen. Der Konflikt zwischen Regierung und Opposition eskaliert.

Kinshasa/Wien.Der Präsident schweigt. Die Oppositionsproteste sind eskaliert, es gab Dutzende Tote. Aber Joseph Kabila äußert sich nicht zu Wahlen. Und ebenso wenig zu seinen Plänen, ob er entgegen der Verfassung auch nach zwei Amtszeiten Präsident der Demokratischen Republik Kongo bleiben will.

Offiziell ist Kabilas Amtszeit mit dem 20. Dezember zu Ende. Eigentlich sollte am 27. November gewählt werden, doch die Wahl wird nicht stattfinden. Die Wahlkommission hat schon angekündigt, sie werde etwa anderthalb Jahre brauchen, bis ein Wählerregister erstellt sei. Das Verfassungsgericht hat Kabila vor Monaten bescheinigt, dass er auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu den Wahlen Präsident bleiben könnte.

Die Opposition sieht in diesen Verzögerungen ein abgekartetes Spiel, das Kabila ermöglichen soll, weiter an der Macht zu bleiben. Deshalb macht sie mobil. In den vergangenen zwei Wochen sind Demonstrationen in der Hauptstadt Kinshasa und anderen großen Städten ausgeartet. Es gab Straßenschlachten. Die Polizei ging mit aller Härte gegen die Proteste vor. Auf mindestens 50 Tote schätzte die UNO die Zahl der Opfer. Nicht wenige befürchten, dass der Kongo gerade in eine weitere schwere Krise schlittert, die völlig außer Kontrolle geraten könnte.

Wie ernst die Lage ist, lässt sich auch an einem Schritt ablesen, den Washington in der Nacht auf Freitag bekannt gab: Das diplomatische Personal werde aus Sicherheitsgründen abgezogen. In Kinshasa und anderen Städten seien gewaltsame Unruhen zu befürchten. Schon Mitte der Woche hatten die USA Sanktionen gegen zwei Verbündete Kabilas in den Führungsrängen der Sicherheitskräfte verhängt: Armeegeneral Gabriel Amisi Kumba und der frühere Polizeichef John Numbi gefährdeten die Stabilität des Landes durch Unterdrückung der Opposition. Ihre Konten in den USA wurden eingefroren.

Eine Geschichte blutiger Machtwechsel

Washington und die EU appellieren seit Monaten an Kabila, Wahlen verfassungsgemäß abzuhalten. Blutige Machtwechsel haben im Kongo seit der Unabhängigkeit 1960 traurige Tradition. Der erste Präsident, Joseph Kasavubu, wurde von Joseph Mobutu gestürzt, Mobutu von Laurent Kabila, und Kabila wurde bei einem Putschversuch 2001 ermordet. Seitdem regiert sein heute 45-jähriger Sohn, der 2006 und 2011 in Wahlen bestätigt wurde. Die Verfassung wurde unter seiner Herrschaft ausgearbeitet und 2005 angenommen.

Um die Krise abzuwenden, wurde vor Wochen ein nationaler Dialog ins Leben gerufen, der Regierung und Opposition an einen Tisch bringen sollte. Doch die wichtigsten Oppositionsvertreter boykottierten ihn von Beginn an, andere, wie auch die katholischen Bischöfe, sind ausgestiegen. Auch dieser Dialog gilt als so gut wie gescheitert. (raa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2016)

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