Libyen schließt Rücknahme von Flüchtlingen aus

Wer aus dem Mittelmeer gefischt wird, hat es praktisch nach Europa geschafft.
Wer aus dem Mittelmeer gefischt wird, hat es praktisch nach Europa geschafft.APA/AFP/ARIS MESSINIS
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Libyens Außenminister Siala sagt in Wien, dass Europa afrikanische Staaten zu Rücknahmeabkommen drängen müsse. Außenminister Kurz warnt vor Sogwirkung beim bloßen Durchwinken nach reichen EU-Staaten.

Libyens Außenminister, Mohammed Taher Siala, hat der Idee, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge in sein Land zurückzuschicken, eine klare Absage erteilt. Damit würde die EU "Verantwortung verweigern und diese stattdessen auf unsere Schultern laden", sagte der Diplomat im Rahmen der OSZE-Mittelmeerkonferenz am Donnerstag in Wien.

"Diejenigen, die mit einem libyschen Visum in ihren Papieren kommen, das ist die einzige Gruppe, die wir zurücknehmen", präzisierte er später bei einer Pressekonferenz mit Außenminister Sebastian Kurz und dem UNO-Sondergesandten für Libyen, Martin Kobler. Angesichts der laut UNO bereits jetzt rund 235.000 Flüchtlinge in Libyen, die auf Weiterreise nach Europa hoffen, habe sein Land freilich jetzt schon Flüchtlingslager eingerichtet, so Siala. "Aber wir haben derzeit noch Probleme, sie medizinisch zu versorgen".

Man hoffe auf europäische Unterstützung beim Abschluss von Rückübernahmeabkommen zwischen Libyen und afrikanischen Herkunftsländern. Es habe dazu Gespräche mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini gegeben, erklärte der Außenminister. "Die EU muss Druck auf die afrikanischen Staaten machen." Zudem brauche es bessere Job- und Lebenschancen für die Jugendlichen in den Herkunftsländern. Ohne einen solchen "gemeinsamen Zugang in den Ursprungsländern wird sich Migration nicht aufhalten lassen."

Die Außenminister Siala (Libyen) und Kurz
Die Außenminister Siala (Libyen) und KurzAUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC

UN-Sondergesandter Kobler zeigte "Verständnis für die Ängste der Europäer", bat aber um "noch ein bisschen Geduld". Wenn es gelinge, Stabilität in Libyen herzustellen, wo die von der UNO unterstützte "Regierung der Nationalen Einheit" weiterhin nicht alle Landesteile unter Kontrolle hat und es weder eine einheitliche Armee noch einheitliche Polizeikräfte gibt, werde es auch gelingen, das Migrationsproblem zu lösen.

Rückkehrer sollen abschrecken

Wichtig seien zudem die freiwillige Rückkehr von in Libyen Gestrandeten in ihre Heimatländer, damit "sie dort ihre Geschichte erzählen (...) von der furchtbaren Flucht durch die Sahara berichten", erklärte Kobler. Aktuell gelinge dies der Internationalen Organisation für Migration (IOM) aber nur in rund 500 Fällen pro Monat. So gut wie alle Flüchtlinge in Libyen berichten nach Angaben von Hilfsorganisationen von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Entführungen und Vergewaltigungen auf dem Weg nach, aber auch in Libyen.

Auch Kurz, der im Juni noch gemeinsam mit Innenminister Wolfgang Sobotka und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil einen Migrationsplan vorgelegt hatte, der vorsah im Mittelmeer Gerettete in "Asyl-und Migrationszentren" in afrikanische Drittstaaten zurückzuschicken, bezeichnete Libyen als Transitland. In der Migrationsfrage müssten "alle an einem Strang ziehen, weil wir alle in einem Boot sitzen." Erneut plädierte Kurz jedoch auch dafür, Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen zu stoppen. Hier könne man mit der Situation auf der Südroute von Libyen und Ägypten nach Italien "definitiv nicht zufrieden sein."

"Sonst kommen mehr und mehr"

Und: "Wenn man den Schutzsuchenden eine Weiterreise nach Österreich, Deutschland oder Schweden erlaube, würden sich mehr und mehr auf den Weg machen.

Während über die mittlerweile großteils geschlossene Balkanroute vor allem Zuzugswillige aus Syrien, dem Irak, dem Iran und Afghanistan kamen, fliehen über das Mittelmeer vor allem Afrikaner, etwa aus Nigeria, Eritrea, Gambia und dem Sudan.

(apa)

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