Santos sucht nun auch Frieden mit der zweiten Guerillagruppe

Der Präsident und designierte Friedensnobelpreisträger kündigte den Beginn von Verhandlungen mit der ELN in Ecuador an.

Bogotá. Mit den Vorschusslorbeeren eines designierten Friedensnobelpreisträgers, aber auch mit dem damit verbundenen Erwartungsdruck geht Juan Manuel Santos in Verhandlungen mit der ELN, der zweitgrößten Guerillagruppe Kolumbiens. In der venezolanischen Hauptstadt, Caracas, kündigten Unterhändler der Regierung und der Rebellen den Beginn offizieller Friedensgespräche in zwei Wochen in Ecuador an. Vorbedingung ist die Freilassung von weiteren Geiseln. Daran waren vor einem halben Jahr erste Verhandlungen noch gescheitert.

Der Frieden in Kolumbien werde nur nach erfolgreichen Gesprächen mit der ELN vollständig sein, erklärte Präsident Santos, der zugleich noch den Friedensvertrag mit der Farc überarbeiten muss. Die Verhandlungen mit der Farc-Guerilla hatten Santos in der Vorwoche den Friedensnobelpreis eingetragen, obwohl eine knappe Mehrheit der Kolumbianer wenige Tage zuvor in einem Referendum den Friedenspakt abgelehnt hatte. Die Verhandlungen mit der Farc in der kubanischen Hauptstadt, Havanna, waren erst im Sommer nach vier Jahren abgeschlossen worden.

Seit drei Jahren strebt die Regierung in Bogotá auch Friedensgespräche mit der ELN an, die mit Unterstützung von Norwegen sowie von Ecuador, Kuba, Brasilien, Venezuela und Chile geführt werden sollen. Die linksextremistische, vor mehr als 50 Jahren gegründete ELN, die noch rund 1500 Kämpfer hat, hat innerhalb von zwei Wochen drei Geiseln auf freien Fuß gesetzt. Sie soll noch eine Geisel festhalten, den Abgeordneten Odin Sanchez, der sich im Austausch für seinen kranken Bruder in die Gewalt der Rebellen begeben hatte. Wie viele Geiseln sich noch in ihrer Hand befinden, hat die ELN offengelassen.

Zu Beginn soll eine Beteiligung der Bevölkerung an den Gesprächen geklärt werden, um ihnen mehr Legitimität zu verleihen. Zur Debatte steht zudem der rechtliche Status von bereits verurteilten und angeklagten ELN-Kämpfern. Farc-Chef Rodrigo Londoño alias Timoschenko wünschte via Twitter „viel Erfolg“. Die Farc hatte 1964 im Kampf gegen Großgrundbesitzer und die Regierung zu den Waffen gegriffen. In den Konflikt waren neben der Armee auch andere linke Guerillagruppen wie die ELN, rechte Paramilitärs und die Drogenmafia verwickelt. Insgesamt kamen 260.000 Menschen ums Leben, 45.000 Menschen gelten als vermisst. Zuletzt sollen ELN-Rebellen in Farc-Territorium versucht haben, Kämpfer abzuwerben. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2016)

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