Zehntausende nahmen Abschied von Bhumibol. Die Ernennung eines neuen Königs lässt noch auf sich warten.
Bangkok. Sie ist gekommen, um von ihrem König Abschied zu nehmen. Thanthida Likhitpitak marschiert mit ihren Kolleginnen am Freitag von ihrem Büro zum Bangkoker Königspalast mehrere Kilometer durch die tropische thailändische Hitze. „Wir sind so traurig, wir können heute nicht an Arbeit denken“, sagt die 30-Jährige, die bei einer Werbeagentur angestellt ist. „Es ist so, als hätten wir alle ein Familienmitglied verloren“, fügt sie hinzu. „Wir wollen unseren König heute in den Himmel verabschieden.“
Wie Thanthida strömten am Tag nach dem Tod von König Bhumibol Zehntausende zum Palast, um der Überführung seines Leichnams in einen Tempel beizuwohnen. Fast alle waren in Schwarz oder Weiß gekleidet. Die Trauenden harrten zum Teil viele Stunden aus, um einen kurzen Blick auf die Prozession zu werfen. Als am späten Nachmittag ein Kleinbus mit Bhumibols Überresten an der Menschenmasse vorbeifuhr, brachen viele der Wartenden in Tränen aus.
Nach dem Verlust des am längsten dienenden Monarchen ist Thailand ein Land im Ausnahmezustand. Sämtliche Fernsehsender wurden abgeschaltet, auch internationale Sender waren nicht zu empfangen. Stattdessen strahlte jeder Kanal Schwarz-Weiß-Dokumentationen über das Leben des Königs aus. Digitale Werbeanzeigetafeln schalteten auf einen schwarzen Bildschirm. Die Organisatoren von Sportevents und Konzerten sagten ihre Veranstaltungen ab. Kinos wurden geschlossen, so auch mehrere Nachtclubs.
Zuvor überraschte der designierte Thronfolger, Maha Vajiralongkorn, mit seinem Wunsch, wegen der Trauerphase vorerst nicht zum König ernannt zu werden. „Er bat um Zeit, um mit seinem Kummer umzugehen und um seine Traurigkeit zusammen mit dem thailändischen Volk zu zeigen“, sagte Militärmachthaber Prayuth Chan-ocha.
Zu dem 64-jährigen Vajiralongkorn haben viele Thailänder noch nicht die emotionale Nähe aufgebaut, die sie zu seinem Vater hatten. Der zweifach geschiedene Kronprinz verbrachte viel Zeit im Ausland, vor allem in Süddeutschland. In den Monaten vor Bhumibols Tod verstärkte er jedoch seine Präsenz in Thailand. Wann seine Ernennung zum König nun stattfinden soll, konnte am Freitag niemand beantworten.
Beobachter halten es für möglich, dass sich aufgrund der Entwicklungen im Königshaus das für das kommende Jahr geplante Ende der Militärregierung nach hinten verschieben könnte. Thailands neue Verfassung, die die Rückkehr zu freien Wahlen einleiten soll, hätte dem König eigentlich Anfang November zur Unterschrift vorgelegt werden sollen. (peer)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2016)