Mehr Macht für Schuldirektoren

Am Dienstag soll der nächste Teil der Bildungsreform im Ministerrat beschlossen werden. Ein Pakt mit 300 Seiten.

Wien. Inhaltliche Auskünfte will das Bildungsministerium noch keine geben. Aber zumindest mit Zahlenmaterial versucht das Ressort, die Brisanz des für Dienstag angekündigten Ministerratsbeschlusses zur Schulautonomie zu unterstreichen: 300 Seiten an inhaltlichen Konzepten seien ausgearbeitet worden. 62 Seiten würden allein die Gesetzestextänderungen umfassen. Insgesamt brauche es, um den einzelnen Schulen mehr Freiheit zu gewährleisten, rund 400 Novellierungsanordnungen und Änderungen in 32 Bundesgesetzen.

Das sogenannte Schulautonomiepaket soll aber nicht nur umfangreich, sondern auch inhaltlich weitreichend sein. Es soll einzelnen Schulen und damit den Direktoren mehr Macht geben, und zwar bei organisatorischen, pädagogischen, personellen und finanziellen Entscheidungen. In der Praxis heißt das etwa, dass sich Direktoren ihre Lehrer künftig selbst aussuchen können. Bewerbungen könnten dann über digitale Plattformen laufen. Die derzeit für die Lehrerzuteilung zuständigen Landesschulbehörden sollten nur dann steuernd eingreifen, wenn sich an einer Schule keine Lehrer melden. So wünscht es sich die Bildungsministerin. Direktoren sollen außerdem mehreren Schulen gleichzeitig vorstehen. Ein Direktor soll bis zu acht Schulen in einer Art Schulverbund leiten dürfen. Die zunehmend zu Managern werdenden Direktoren sollen nur befristet, konkret für fünf Jahre, bestellt werden. Dann kann der Vertrag verlängert werden.

Größere Schulklassen befürchtet. Auf Kritik dürften vor allem die neuen organisatorischen Freiheiten stoßen. Dahinter, dass Direktoren bei der Bildung von Klassen und Gruppen mehr nach den eigenen Wünschen gehen dürfen, vermutet die Lehrergewerkschaft eine Umgehung der bestehenden Klassenschülerhöchstzahl bzw. der Teilungszahlen. Pflichtschullehrergewerkschafter Paul Kimberger warnt im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ vor größeren Klassen und Gruppen: „Das wäre ein Knaller.“ Kritisch sieht er auch, dass Direktoren Personalressourcen umwandeln dürfen, sie sich also für den Einsatz eines Sozialarbeiters auf Kosten eines Lehrers entscheiden können sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.