Putins Doppelstrategie in Syrien

Putin attends a meeting with members of the Presidential Council for Civil Society and Human Rights in Moscow
Putin attends a meeting with members of the Presidential Council for Civil Society and Human Rights in Moscow(c) REUTERS (POOL)
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Während der Kreml-Chef eine Verlängerung der Waffenruhe in Aussicht stellte, nahm seine Kriegsflotte Kurs aufs Mittelmeer.

Berlin. Angela Merkel scheint alles versucht zu haben. Noch bei der Verabschiedung redete sie unentwegt auf Wladimir Putin ein, dabei wild gestikulierend, als würde sie dem russischen Präsidenten die Leviten lesen. Putin hörte zunächst noch zu, setzte dann aber ein verschmitztes Lächeln auf und verschwand in den Wagen, der ihn zum Flughafen brachte.

Über Berlin war da längst die Nacht hereingebrochen. Fast sechs Stunden, bis ein Uhr früh, hatten die Gespräche im Kanzleramt gedauert. Merkel fasste sie in der Pressekonferenz mit Frankreichs Staatspräsident, François Hollande, dann so zusammen: „Es ist ein dickes Brett, was wir zu bohren haben.“

Gemeint war damit vor allem: Syrien. Laut Merkel kam es zu einer „sehr klaren und sehr harten Aussprache“, wenn auch ohne Ergebnisse. Putin stellte eine Verlängerung der Waffenruhe in Aussicht, verlangt aber, dass die USA in der umkämpften Stadt Aleppo die gemäßigten Gegner des Assad-Regimes von den Terrormilizen trennen. Merkel hält das für unmöglich. Die Nato warnt indes davor, dass Russland in zwei Wochen zum ultimativen Schlag auf Aleppo ausholen werde. Darauf weise die größte Truppenbewegung seit dem Ende des Kalten Kriegs hin, wie ein Diplomat der Allianz der Nachrichtenagentur Reuters mitteilte. Die russische Marine schicke derzeit ihre Nordflotte und einen Großteil ihrer baltischen Flotte mit Flugzeugträgern ins Mittelmeer. Die Kriegsschiffe würden bald eine Rolle in der Entscheidungsschlacht um Aleppo spielen, so der Nato-Diplomat.

„Unmenschlich“ seien die Angriffe auf Aleppo, sagte Merkel, während Hollande von „Kriegsverbrechen“ sprach. Weitere EU-Sanktionen gegen Russland sind nicht ausgeschlossen. „Man kann sich dieser Option nicht berauben“, so die Kanzlerin. Zunächst will sie Putin ins Gewissen reden: Es gebe eine russische Verantwortung, auf Syriens Präsidenten Assad, einzuwirken.

Bewaffnete Polizisten im Donbass

Dafür gab es im Ukraine-Konflikt einen Fortschritt, wenn auch nur einen kleinen. Geplant ist ein neues Friedensabkommen, detaillierter als jenes von Minsk (2015), das bis heute nicht umgesetzt wurde. Ende November soll es fertig sein. Der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko, der bis 23 Uhr mitverhandelt hatte, setzte sich mit seiner Forderung nach einer bewaffneten, von der OSZE organisierten Polizeimission im Donbass durch. Außerdem sollen vier weitere Hotspots eingerichtet werden, in denen die russischen Separatisten und die Truppen der Ukraine auf Abstand gehalten werden. Insgesamt wären es dann sieben. Ein Problem bleiben die Lokalwahlen. Poroschenko will sie erst durchführen, wenn die Gegner abgezogen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2016)

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