Droht Eskalation? Maduro-Referendum in Venezuela gestoppt

(c) REUTERS (HANDOUT)
  • Drucken

Präsident Nicolas Maduro kämpft gegen das Volksbegehren, das sein politisches Ende bedeuten würde. Die Kritiker in der Bevölkerung wachsen.

Das Volksbegehren zur Abwahl von Venezuelas Präsidenten Nicolas Maduro ist überraschend gestoppt worden - damit spitzt sich die politische Krise in dem südamerikanischen Land dramatisch zu. Wie die nationale Wahlbehörde (CNE) mitteilte, werde die vom 26. bis 28. Oktober geplante Unterschriftensammlung, mit der die Opposition ein baldiges Referendum durchsetzen wollte, vorerst nicht stattfinden.

Begründet wurde dies mit zuvor ergangenen Urteilen von Gerichten der Regionen Aragua, Bolivar und Carabobo, die im bisherigen Verfahren angebliche Unregelmäßigkeiten moniert hatten. Die Opposition reagierte erbost und witterte ein gezieltes Verzögern der regierenden Sozialisten. Oppositionsführer Henrique Capriles betonte: "Heute hat die Regierung uns in ein sehr gefährliches Szenario gestürzt, das die Krise verschärfen wird." Seit dem Sieg im vergangenen Dezember hat die Opposition im Parlament die Mehrheit.

Bei den überraschenden Urteilen geht es um angebliche Fehler bei der Sammlung der Unterschriften im April, mit dem das Referendum beantragt wurde. Es wurden damals weit mehr Unterschriften gesammelt als notwendig, daher sind die Urteile überraschend - die Opposition sieht sie als politisch motiviert an. Denn der eigentliche Coup der Regierungskritiker war nun im Oktober geplant.

Maduro will Machtwechsel verhindern

Vom 26. bis 28. Oktober hätten die Unterschriften von rund vier Millionen Wahlberechtigten gesammelt werden müssen, die ein Referendum fordern. Angesicht der großen Unzufriedenheit galt es als wahrscheinlich, dass die Zahl geschafft wird. Die offensichtliche Verzögerungstaktik der Regierung kann einen einfachen Grund haben, argwöhnt zumindest die Opposition.

Maduros Amtszeit endet regulär am 10. Jänner 2019. Die Verfassung besagt, wenn der Präsident zwei Jahre oder weniger vor Ende des Mandats per Referendum abgewählt wird, übt der Vizepräsident das Amt bis zum Ende aus. Das wäre Aristobulo Isturiz. Ein Sozialist würde durch einen Sozialisten ersetzt. Fände das Referendum aber vor dem 10. Jänner statt und Maduro würde abgewählt, müsste es binnen eines Monats Neuwahlen geben. Nur so könnte es zu einem echten Machtwechsel kommen. Maduro hat schon vor Monaten den Ausnahmezustand verhängt, das Parlament de facto entmachtet und zuletzt auch das Budget 2017 am Parlament vorbei verabschieden lassen.

Militär könnte Abwahl unterstützen

Millionen demonstrierten zuletzt gegen die tiefe Versorgungskrise und Misswirtschaft im Land mit den größten Ölreserven der Welt. Der staatliche Ölkonzern PDVSA steht wegen des niedrigen Ölpreises und Problemen, ausländische Schulden zu bedienen, vor der Pleite - da die Einnahmen über die Hälfte des Staatshaushalts finanzieren, könnte diese eine Staatspleite nach sich ziehen.

Maduro ist auch intern umstritten, es gibt Spekulationen, dass das Militär seine Abwahl mittragen könnte - mit einem Referendum nach dem 10. Jänner würde man zusammen mit den Sozialisten die Macht behalten. Im Zuge der 17 Jahre langen sozialistischen Regierung, erst unter Hugo Chavez (Tod 2013), dann unter Maduro, steht das Militär bisher treu zu dem Projekt.

Wie groß die Not ist, zeigt eine kurzfristige Reise Maduros, der ab Freitag mehrere Erdöl-Staaten besucht, um Maßnahmen für höhere Preise zu beraten, unter anderem mit Saudi-Arabien. Es gehört wie Venezuela der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) an. Der Preis könnte nur durch eine Drosselung der Produktion steigen - für venezolanisches Erdöl liegt er zur Zeit bei 43 US-Dollar (39,16 Euro) je Barrel.

Oppositionsführer darf nicht ausreisen

PDVSA versucht händeringend, ausländische Gläubiger von einer Umwandlung bald fälliger Anleihen in bis 2020 laufende Anleihen zu überzeugen - mit einer hohen Verzinsung von 8,50 Prozent. Klappt die Aktion nicht, könnte es das baldige Aus bedeuten. Insgesamt geht es um ein Volumen von 5,3 Milliarden US-Dollar (4,8 Mrd. Euro).

Am Donnerstag wurde zudem ein Ausreiseverbot gegen mehrere Regierungsgegner, darunter etwa Oppositionsführer Henrique Capriles verhängt. "Jetzt verbieten sie uns auch noch die Ausreise! Noch so eine sinnlose Aktion!", schrieb Capriles in der Nacht auf Freitag auf Twitter mit Blick auf den Gerichtsbeschluss, der insgesamt acht Personen betrifft. Er rief seine Anhänger dazu auf, in den kommenden Stunden aufmerksam zu sein für "Ankündigungen".

(APA/Reuters/AFP/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gespräche zwischen Regierung und Opposition
Außenpolitik

Venezuela: Regierung und Opposition wollen "aggressiven Ton" mildern

Die beiden Seiten haben einen langfristigen Dialog vereinbart. Die Opposition will ihre Proteste gegen die Regierung trotzdem fortsetzen.
Venezuelas Präsident Maduro droht Oppositionspolitikern mit Haft
Außenpolitik

Venezuelas Präsident Maduro droht Oppositionspolitikern mit Haft

Maduros Gegner streben einen Volksentscheid über seine Amtsenthebung an. Der Präsident spricht von einem "Putsch".
Proteste in Venezuela
Außenpolitik

Venezuela: Maduro kündigt Anhebung des Mindestlohns an

Der Mindestlohn in Venezuela soll um 40 Prozent steigen, kündigt Präsident Maduro am Vortag des von der Opposition angekündigten Generalstreiks an.
VENEZUELA-CRISIS-NATIONAL ASSEMBLY
Außenpolitik

Armee steht Gewehr bei Fuß

Präsident Maduro will drohenden Generalstreik mit Armee bekämpfen. Arbeiter und Soldaten sollten Firmen übernehmen.
VENEZUELA-CRISIS-OPPOSITION-PROTEST
Außenpolitik

Neue Massenproteste in Venezuela gegen Maduro

Die Opposition, die im Parlament über eine Mehrheit verfügt, verlagert den Druck für eine Amtsenthebung des Präsidenten auf die Straße. Regierung wirft ihr Prügel vor die Füße.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.