Montenegro: "Größte Tragödie seit 2. Weltkrieg verhindert"

Ein Verdächtiger wird abgeführt.
Ein Verdächtiger wird abgeführt.REUTERS
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Zum ersten Mal nach dem mutmaßlichen Putschversuch am Wahltag meldet sich der Präsident zu Wort: "Die Stabilität des Landes war in Gefahr."

Fünf Tage nach einem mutmaßlichen Putschversuch in Montenegro hat sich erstmals auch Präsident Filip Vujanovic zu Wort gemeldet, ein Parteikollege von Premier Milo Djukanovic. Am Sonntag sei "die größte Tragödie seit dem Zweiten Weltkrieg" verhindert worden, erklärte Vujanovic am Freitag gegenüber dem Onlinemedium "Analitika". Die Stabilität des Landes sei ernsthaft bedroht gewesen.

Die montenegrinische Staatsanwaltschaft hatte am Sonntag erklärt, eine Gruppe von 20 prorussischen Serben festgenommen zu haben, die nach Schließen der Wahllokale - das Land wählte am Sonntag ein neues Parlament - die Kontrolle über das Parlament übernehmen und "eine gewisse Partei" zum Sieger erklären hätte wollen. Nach Angaben von Staatsanwalt Milivoje Katnic gegenüber dem TV-Sender "Vijesti" planten die Festgenommenen zudem, das Feuer auf vor dem Parlament versammelte Bürger und Polizisten zu eröffnen.

Im Wahlkampf war vor allem die künftige geopolitische Ausrichtung des Adriastaats beherrschendes Thema. Das Land ist zwischen einer weiteren Annäherung an EU und Nato sowie einem Kurswechsel in Richtung Moskau gespalten. Premier Djukanovic hat Russland in den vergangenen Wochen mehrmals vorgeworfen, sich zugunsten der prorussischen Opposition in den Wahlkampf eingemischt zu haben. Vor diesem Hintergrund schien ein Putschversuch prorussischer Gruppen zunächst plausibel.

"Derbe Propaganda"

Der Chef der prorussischen Opposition wies diesen freilich umgehend als "derbe Propaganda" zurück. Serbiens Premier Aleksandar Vucic gab sich angesichts des Timings am Tag der Parlamentswahl "verwundert". Auch der im Mai aus den Reihen der prowestlichen Opposition bestellte Innenminister Goran Danilovic zeigte sich angesichts der Erklärung der Staatsanwaltschaft überrascht. Er sei von der Polizei nicht über die Festnahme der Serben informiert worden, erklärte er Medien gegenüber.

Er selbst sei von Anfang an auf dem Laufenden gewesen, sagte Präsident Vujanovic am Freitag. "Es ist offensichtlich, dass man mithilfe dieser Gruppe Montenegro in eine anarchische und chaotische Gesellschaft verwandeln wollte", fügte er an Kritiker gewandt hinzu.

Die Opposition wirft der DPS-Partei von Langzeit-Premier Djukanovic seit langem einen autoritären Regierungsstil, Mafia-Methoden und Korruption vor. Nach den Wahlen vom Sonntag könnte Djukanovic sein Amt verlieren: Zwar landete die DPS mit 36 von 81 Mandaten klar an erster Stelle, eine absolute Mehrheit verfehlte sie jedoch. Die Opposition kündigte zuletzt an, eine Minderheitsregierung bilden zu wollen.

(APA)

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