Renzi droht im Flüchtlingsstreit mit Veto gegen EU-Haushalt

Matteo Renzi versucht den Druck auf Staaten wie Ungarn zu erhöhen.
Matteo Renzi versucht den Druck auf Staaten wie Ungarn zu erhöhen.APA/AFP/EMMANUEL DUNAND
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Wer Mauern gegen Flüchtlinge errichte, könne "das italienische Geld vergessen", sagt der italienische Premier. 155.000 Flüchtlinge kamen seit Jahresbeginn nach Italien.

Es wird wieder mit einem Veto gedroht. Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi sieht sein Land wegen der Weigerung anderer EU-Mitgliedstaaten zur Aufnahme von Flüchtlingen immer mehr mit Problemen konfrontiert. Renzi rechnete am Dienstag im Sender RAI 1 vor, sein Land zahle 20 Milliarden Euro an die EU und erhalte zwölf Milliarden zurück.

Wenn dann Staaten wie Ungarn, Tschechien und die Slowakei, die eine Umverteilung von Flüchtlingen ablehnten, "uns belehren", komme er zu dem Schluss, dass das System "nicht funktioniert", ergänzte Renzi. Auf die Nachfrage, ob seine Regierung notfalls ein Veto gegen den EU-Haushalt einlegen werde, antwortete Renzi: "Ja, absolut." Wer Mauern gegen Flüchtlinge errichte, könne "das italienische Geld vergessen", fuhr Renzi fort. "Wenn die Flüchtlinge nicht durchkommen, kommt das Geld auch nicht durch."

Italien muss Defizitzahlen korrigieren

Seit Anfang des Jahres wurden den italienischen Behörden zufolge bereits fast 155.000 Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet und nach Italien gebracht - so viele wie im gesamten Vorjahr. Wegen der Versorgung der Flüchtlinge und wegen des Erdbebens vom August in der Region Latium, bei dem knapp 300 Menschen ums Leben kamen, hat die italienische Regierung ihre Haushaltsplanungen für das kommende Jahr korrigiert. Nunmehr wird ein öffentliches Haushaltsdefizit von 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eingeplant, das deutlich über den zuvor an die EU gemeldeten Werten liegt.

Allein zwischen Freitag und Sonntag hat die italienische Küstenwache mehr als 6000 Menschen aus dem Meer gerettet. Vor allem von Libyen aus operierende Menschenschmuggler schicken Flüchtlinge gegen hohe Summen auf das Mittelmeer in Richtung Italien. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration starben in diesem Jahr bereits mehr als 3000 Menschen auf hoher See.

Renzi hat bereits mehrfach die Hilfe der anderen europäischen Staaten eingefordert. Auch die Kritik der EU-Kommission an dem geplanten Defizit im Staatshaushalt für 2017 wies Renzi scharf zurück. "Sie sollten ihre Brieftasche öffnen statt ihren Mund aufzureißen", sagte er mit Blick auf die Kritik der EU-Kommission.

(APA/AFP/Reuters)

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