Der rasante Aufstieg eines Gasintallateurs an Viktor Orbáns Seite

Protester holds a copy of the leftist newspaper Nepszabadsag during an anti-government demonstration in Budapest
Protester holds a copy of the leftist newspaper Nepszabadsag during an anti-government demonstration in Budapest(c) REUTERS (BERNADETT SZABO)
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Lörinc Mészáros, ein Freund von Premier Orbán, ist einer der reichsten Männer Ungarns. Er soll nun die ungarische Mediengruppe des Österreichers Pecina gekauft haben.

Erst wurde Ungarns größte Oppositionszeitung, „Nepszabadság“, von ihrem österreichischen Eigentümer Heinrich Pecina geschlossen, dann verkaufte er das Unternehmen, dem die Zeitung und viele andere Medien gehören, vor wenigen Tagen an ein geheimnisumwittertes Unternehmen namens Opimus Press. Es war im März gegründet worden und hatte – ungarischen Medienberichten zufolge – nur Tage danach Anleihen in der Höhe von 20 Millionen Euro verkauft. Offenbar mit diesem Geld wurde dann Pecinas Firma Mediaworks erworben.

Wem aber gehört Opimus? Die ungarischen Medien waren am Mittwoch voll von Spekulationen, dahinter stecke Lörinc Mészáros, ein berüchtigt-berühmter Vertrauter des ungarischen Premiers, Viktor Orbán. Mészáros dementierte aber umgehend in einem Interview mit der Boulevardzeitung „Bors“: Er besitze keine einzige Opimus-Aktie.

Aus Orbáns Heimatdorf Felcsút

Wie auch immer, Mészáros beflügelt die Fantasie der Ungarn und verkörpert den rasanten Aufstieg einer kleinen Kaste von Geschäftsleuten, die Orbán ergeben sind. Mészáros ging mit ihm zur Schule, in Orbáns Heimatdorf Felcsút. Danach trennten sich die Wege. Sie kreuzten sich erst wieder, als Orbán für den örtlichen Klub Fußball spielte und Mészáros ein Spiel anschauen kam. Zu der Zeit, in den 90er-Jahren, hatte der ausgebildete Gasinstallateur ein kleines Unternehmen, das die Haushalte der Umgebung ans Gasnetz anschloss. Der Kleinunternehmer sponserte den dörflichen Fußballklub.

Später machte Orbán ihn zum Präsidenten der Stiftung seiner neuen Fußballakademie in Felcsút. Da regierte er noch nicht und gab sich einem ganz unpolitischen Traum hin: den ungarischen Fußball wieder groß zu machen, mit einer Nachwuchsakademie. Um diese Fußballpläne herum entstand eine Männerfreundschaft, die dazu beitrug, dass der schlichte Gasinstallateur heute auf Platz 31 der reichsten Personen Ungarns steht, und zu den zehn einflussreichsten Männern des Landes zählt. „Der nationale Gasinstallateur“ lautet sein Spitzname im Volksmund.

„Dass ich so weit gekommen bin, da spielt gewiss der liebe Gott eine Rolle, und das Glück, und Viktor Orbán“, sagte der heute 50-Jährige vor zwei Jahren in einem Interview. Aber eigentlich sei er aus eigener Kraft zu dem geworden, der er heute ist. Was immer man als „eigene Kraft“ verstehen mag. Mészáros' Reichtum und sein Firmenimperium nähren sich wesentlich aus Staatsaufträgen. Als Orbán 2010 die Wahlen gewann und Regierungschef wurde, begann für Mészáros ein phänomenaler Aufstieg. 2011 wurde er Bürgermeister von Felcsút. Binnen weniger Jahre verzehnfachte sich sein Vermögen. Als der Staat Agrarböden privatisierte, sahnten Mészáros und seine Familienangehörigen ab, ersteigerten Medienberichten zufolge mehr als 1000 Hektar. Ihm gehören Bauunternehmen. Er liefert Trinkwasser an die ungarische Bahn. Die Sommer genießt er in einer Luxusvilla an der Adria, die formal nicht ihm selbst, sondern einem seiner Unternehmen gehört.

Oppositionspolitiker nennen ihn Orbáns Strohmann. Orbán selbst gehört so gut wie nichts, aber Mészáros ist reich. Rufmord nennt Mészáros die Behauptungen und geht notfalls gerichtlich dagegen vor.

Gehört ihm nun aber über Opimus, die bisher größte Oppositionszeitung „Népszabadság“? Die Onlineversion des Wochenmagazins „Heti Válasz“ schreibt dazu, dass man die Hintermänner der Offshore-Firmen, die als Eigentümer von Opimus auftreten, nicht identifizieren kann. Das Blatt fand immerhin Verbindungen zwischen Mészáros-Vertrauten und Opimus-Tochterfirmen.

Dass man aber nicht wissen kann, wem eines der wichtigsten Medienunternehmen gehört, sagt fast alles über den Zustand der ungarischen Medien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2016)

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