FBI-Direktor kündigt neue Ermittlungen wegen ihres privaten E-Mailservers an. Parallel macht ihr WikiLeaks zu schaffen.
Washington. Elf Tage vor dem Wahltag sorgt ein kurzer Brief von FBI-Direktor James Comey an den Kongress für Euphorie beim Republikaner Donald Trump und Panik im Lager seiner demokratischen Gegnerin Hillary Clinton. „Im Zusammenhang mit einer eigenständigen Ermittlung hat das FBI von E-Mails Kenntnis erlangt, die für die Ermittlung einschlägig sein könnten“, schrieb Comey. „Das FBI sollte entsprechende Ermittlungsschritte setzen, um festzustellen, ob sie vertrauliche Informationen enthalten.“
Es dürfte dabei nicht um jene E-Mails von Clintons Stabschef John Podesta gehen, die nach Ansicht der US-Geheimdienste von russischen Hackern gestohlen wurden und von WikiLeaks tageweise veröffentlicht werden. Laut dem NBC-Reporter Pete Williams, der üblicherweise sehr seriöse Quellen hat, habe das FBI ein „Gerät“ (einen Computer oder ein Smartphone) gefunden. Die E-Mails darauf seien aber nicht von Clinton selbst.
Solche Differenzierungen kommen in der Zielphase eines langen, zusehends hasserfüllten Wahlkampfes allerdings kaum an. Trump nannte Clinton in New Hampshire „die korrupteste Politikerin aller Zeiten“, seine Anhänger schrien: „Sperrt sie ein!“
Clinton ringt abgesehen davon mit dem Einblick in die Geldmaschine, welche ihr Mann Bill nach Ende seiner Amtszeit ab 2001 rund um die Clinton-Familienstiftung aufbaute. Eine Schlüsselfigur ist dabei der 44-jährige Doug Band, sein persönlicher Assistent im Weißen Haus. Band sagte dafür, dass reiche Privatpersonen und Konzerne eifrig an die Stiftung spendeten. Und nicht nur das. „Wir haben uns der Aufgabe gewidmet, dem Präsidenten bei der Beschaffung und Abwicklung von profitablen Aktivitäten zu helfen – einschließlich Reden, Büchern und Beratungstätigkeiten“, schriebt Band am 18. November 2011 in einem Memo.
Weder dieses Papier noch Podestas E-Mails enthüllen rechtswidriges Handeln der Clintons.
Sie zeigen aber, wie die Grenzen zwischen privatem Gewinn und Gemeinnützigkeit verschwammen – und wie Band mit seiner Beratungsfirma Teneo von der Nähe zu den Clintons enorm profitierte. Rund 116 Millionen Dollar (102 Millionen Euro) an Einnahmen habe er bis 2011 für Bill Clinton lukriert, schreibt Band. Teneo hat heute knapp 600 Mitarbeiter in weltweit 14 Büros, ein Börsegang steht im Raum. Die Firma war symbiotisch mit dem Clinton-Universum verbunden – so eng, dass Huma Abedin, Hillarys engste Vertraute, eine Sondererlaubnis erhielt, gleichzeitig für Teneo und im State Department zu arbeiten.
Doch 2011 schlug Chelsea Clinton Alarm. Sie beklagte, dass Teneo-Mitarbeiter im Namen ihres Vaters Geschäfte für die Firma zu machen versuchen. Sie engagierte externe Prüfer, die zu strengeren Richtlinien gegen Interessenkonflikte rieten. Band flippte daraufhin aus, nannte sie ein „verzogenes Gör“ – und brüllte Bill Clinton just an jenem Tag am Telefon an, als Hillarys Mutter starb.
Clinton "zuversichtlich"
Clinton gab sich angesichts der neuen Ermittlungen gelassen. Sie sei "zuversichtlich", dass sich aus der angekündigten Überprüfung neu aufgetauchter Mails keine anderen Schlussfolgerungen als im Juli ergeben würden.
Damals hatte das FBI keine Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten der früheren Außenministerin festgestellt. Clinton rief die Bundespolizei auf, ihre Erkenntnisse zu den neu entdeckten E-Mails publik zu machen. Das FBI müsse umgehend "alle Informationen, die es hat, veröffentlichen". Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl müsse das amerikanische Volk umfänglich über die Vorgänge in Kenntnis gesetzt werden, sagte Clinton.