Steinmeier auf heikler Mission in Portugal

Frank-Walter Steinmeier.
Frank-Walter Steinmeier.(c) APA/AFP/FREDERICK FLORIN
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Deutschlands Außenminister, Frank-Walter Steinmeier, traf den künftigen UN-Generalsekretär Guterres im Geheimen.

Lissabon. Es war ein Besuch unter vier Augen: Ohne die Öffentlichkeit zu informieren, hat der deutsche Außenminister, Frank-Walter Steinmeier, den künftigen UN-Generalsekretär, den Portugiesen António Guterres, in Lissabon getroffen. Guterres, von 2005 bis 2015 UN-Flüchtlingshochkommissar, übernimmt das Amt von Ban Ki-moon zum Jahreswechsel.

Anscheinend wollte Steinmeier bei dem Treffen am vergangenen Donnerstag dem Portugiesen persönlich die deutsche Unterstützung zusichern und die Wogen glätten. Die Südeuropäer haben es den Deutschen krumm genommen, dass Berlin im Rennen um den UN-Spitzenposten nicht den international als Favoriten gehandelten Guterres unterstützt, sondern mehr oder weniger offen für die bulgarische Last-Minute-Kandidatin Kristalina Georgiewa plädiert hat.

Verrat und Täuschung

Portugals Regierung bezichtigte Deutschland – und auch die EU-Kommission – der Einmischung und sah einen regelwidrigen Versuch, die Kandidatur von Guterres zu torpedieren. Obwohl die Regierung in Berlin die angebliche Einmischung offiziell zurückwies, sprach man in Lissabon von Verrat und Täuschung.

So hatte die Wochenzeitung „Expresso“ zwei Tage nach der Einigung des UN-Sicherheitsrats auf Guterres unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, dass Portugals Regierung sich von der deutschen Kanzlerin, Angela Merkel, „verraten gefühlt“ habe, da Berlin Portugal Neutralität im Rennen um den höchsten UN-Posten versprochen beziehungsweise zugesichert habe, dass Berlin nichts gegen die Kandidatur des früheren UNHCR-Chefs unternehmen würde. Der Ärger war umso größer, als sich herausstellte, dass Berlin im Geheimen intensiv Lobbyarbeit für Georgiewa – etwa beim russischen Präsidenten Wladimir Putin und in Brüssel – betrieben haben soll.

„Verlässlicher Partner“

Die deutsche Botschaft in Lissabon bestätigte der Onlinezeitung „Observador“, dass das Treffen zwischen Steinmeier und Guterres in Lissabon stattgefunden hat. Der deutschen Diplomatie sei es darum gegangen, dem künftigen UN-Chef zu versichern, dass er auf Deutschland als einen verlässlichen Partner der Vereinten Nationen zählen könne.

Es gab seitens der Botschaft keine Erklärungen für die Geheimhaltung von Steinmeiers Reise. Sie stand nicht auf seiner offiziellen Agenda. Eine Anfrage an das Auswärtige Amt in Berlin blieb unbeantwortet. Auch in Portugal war Steinmeiers Besuch offiziell nicht angekündigt worden. Der deutsche Außenminister traf auch kein Mitglied der Regierung in Lissabon. Einiges weist darauf hin, dass die Regierung nicht einmal über den Besuch informiert worden war, wenn auch das Außenministerium in Lissabon später erklärte, der Besuch sei natürlich zwischen den Ländern koordiniert worden.

Zeit der Spannungen

Die Reise Steinmeiers kommt zu einer Zeit, in der sich der Ton zwischen Berlin und Lissabon verschärft hat. Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, hat die regierenden Sozialisten in Portugal mit kritischen Bemerkungen stark verärgert. Vergangene Woche hat er zum wiederholten Mal die Abkehr der sozialistischen Minderheitsregierung von Premier António Costa von der strengen Sparpolitik kritisiert: Portugal sei bei der Bewältigung seiner Schuldenkrise sehr erfolgreich gewesen, bis im vergangenen Jahr die neue Regierung die Geschäfte übernommen habe.

Der Chef der Sozialisten, Carlos Cesar, schoss scharf zurück: „Wie jeder weiß, ist der deutsche Finanzminister ein Brandstifter, der sich als Feuerwehrmann zu präsentieren versucht“, sagte er dem Sender TSF.

Auf einen Blick

Der UN-Sicherheitsrat hat sich am 5. Oktober auf Portugals Ex-Premier und bisherigen UNHCR-Chef, António Guterres, als neuen UN-Generalsekretär verständigt, von der Vollversammlung wurde er am 13. Oktober bestätigt. Guterres lag bei allen Probeabstimmungen im Sicherheitsrat deutlich vorn, unklar war aber lang, ob Moskau ihm zustimmen würde. Nach einem informellen Rotationsprinzip hätte eigentlich ein Kandidat aus Osteuropa zum Zug kommen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2016)

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