Am Dienstag könnte Hillary Clinton zur ersten US-Präsidentin gewählt werden. Doch schon vor ihr schrieben Frauen weltweit Politgeschichte.
30.12.2016 um 14:04
Hillary Clinton könnte als erste Frau in der Geschichte der Vereinigten Staaten zur Präsidentin gewählt werden. Schon vor ihr aber haben es Frauen rund um die Welt an die politische Spitze geschafft. Ihre Geschichten handeln nicht nur von dem Kampf für Gleichberechtigung, sondern auch von Erbfolgen, brutalen Machtkämpfen und Selbstbehauptung.
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Sie ist zwar wenig bekannt, doch Siramavo Bandaranaike war die erste weibliche Staatschefin der Welt. Die singhalesische Politikerin hatte zwischen 1960 und 2000 drei Mal das Amt der Premierministerin Sri Lankas inne. Ihren Erfolg verdankte sie einem Unglück: Ein Fanatiker hatte ihren Mann, den Ministerpräsidenten von Ceylon, erschossen. So zog die 43-Jährige an Stelle Solomon Bandaranaikes in den Wahlkampf - und gewann überraschend für all jene, die sie als "weinende Witwe" verspottet hatten. Bandaranaike setzte den sozialistischen Weg ihres Mannes fort. Sie gewöhnte sich schnell an die Vorteile der Macht: Ihre lange Karriere verdankte die im Jahr 2000 verstorbene Politikerin ihrer brutalen Vetternwirtschaft.
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Als erste Frau an der Spitze Indiens prägte Indira Gandhi (im Bild rechts mit Margaret Thatcher) als Mitglied der indischen Politdynastie Nehru/ Gandhi ihr Land vier Amtszeiten lang: Sie regierte Indien von 1966 bis 1977 und von 1980 bis zur ihrem gewaltsamen Tod am Morgen des 31. Oktober 1984. Mit 22 Schüssen wurde sie von ihrer eigenen Leibwache ermordet. Die Attentäter waren Sikhs und übten Rache für das umstrittene, harte Vorgehen der Premierministerin im Konflikt mit der religiösen Minderheit. Verehrt wird die Tochter von Jawaharlal Nehru, dem Begründer der unabhängigen Republik Indien, als Architektin des aufstrebenden und modernen Indiens mit einem Herz für die armen Bevölkerungsschichten. Kritisiert wird sie als skrupellose Machtpolitikern: Gandhis Härte gegenüber politischen Gegnern, insbesondere in der Zeit des von ihr verhängten Ausnahmezustandes (1975-77), machen sie auch heute noch zu einer umstrittenen Figur.
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Golda Meir, die erste und letzte Premierministerin Israels, galt stets als die "Eiserne Lady" des Ostens. Schon vor ihrer Zeit als Regierungschefin von 1969 bis 1974 nannte sie David Ben Gurion, der erste israelische Premier, in einem berühmt gewordenen Ausspruch "den einzigen wirklichen Mann" in seinem Kabinett. Als einzige "Gründermutter" des israelischen Staats wurde sie mit ihrem grauen Haarknoten oft als willensstarke Großmutter des jüdischen Volkes porträtiert. Trotz der ihr nachgesagten Unbeugsamkeit zerbrach die 1898 in Kiew als Golda Mabowitsch geborene Politikerin am Yom-Kippur-Krieg 1973, der für Israel beinahe in einem Desaster endete. Zwar konnte das völlig unvorbereitete Israel die ägyptischen und syrischen Angreifer nach drei Wochen mit schweren Verlusten zurückdrängen. Doch die öffentliche Kritik an den Versäumnissen in der Anfangsphase des Kriegs zwang die zweifache Mutter schließlich zu ihrem Rücktritt. Die vehemente Gegnerin des Friedensprozesses zwischen Israel und Palästina starb am 9. Dezember 1978 an Krebs.
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Auch María Estela Martínez de Perón kam 1974 als "Ehefrau von" an die Macht. Die dritte Frau des Ex-Präsidenten Juan Perón wurde nach seinem Tod ohne gewählt worden zu sein zur ersten Staatspräsidentin weltweit ernannt - und war damit die erste Frau an der Spitze eines südamerikanischen Landes. Doch zeigte sich "Isabel" rasch überfordert: Hyperinflation, soziale Proteste und politische Gewalt ließen ihre zweijährige Amtszeit zu einem Albtraum werden. Die rechtsgerichtete "Triple A", die bereits unter ihrem Mann mit den politischen Verfolgungen begann, entwickelte sich mit Zustimmung aus dem Regierungspalast endgültig zur Todesschwadron. 1976 putschte das Militär gegen die Präsidentin. Nach fünfjähriger Haft wurde Isabel Perón ins spanische Exil entlassen. Dort lebt sie seitdem völlig abgeschieden in einer Villa westlich von Madrid. Ein Auslieferungsantrag Argentiniens an Spanien scheiterte 2007. Im Gegensatz zu ihrem Mann und dessen 1952 verstorbener zweiter Frau, Eva Duarte alias Evita, wurde Isabel Perón von den Argentiniern niemals vergöttert.
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Vier Jahre nachdem Elisabeth Domitien in der Zentralafrikanischen Republik als erste Premierministerin auf dem afrikanischen Kontinent an die Macht kam, schrieb Margaret Thatcher 1979 Geschichte: Elf Jahre lang lenkte sie bis 1990 die Geschicke Großbritanniens. Die ehrgeizige und harte Arbeiterin soll selbst nie an ihren Sprung nach oben geglaubt haben. Noch 1974 sagt sie, sie werde es wohl nicht erleben, dass eine Britin Partei- oder gar Regierungschefin wird. Obwohl sie charismatisch und humorvoll war und sich liebevoll um ihre Nächsten gekümmert haben soll, wird die 2013 verstorbene Thatcher für die Nachwelt vor allem die "Eiserne Lady" bleiben. Als solche unterwarf sie ihr Land einem der schmerzvollsten Reformprozesse seiner Geschichte. International setzte sie Zeichen durch den Falkland-Krieg und die enge Partnerschaft mit US-Präsident Ronald Reagan beim Fall des Eisernen Vorhangs, in der EU bleibt sie wohl als die Frau in Erinnerung, die oft "Nein" sagte. Ähnlich legendär ist ihre Handtasche, die sie auch nach dem Ende ihrer politischen Karriere bei allen öffentlichen Auftritten mitnimmt. Zwischen der Vorbereitung wichtiger Reden und dem Schreiben der Memoiren kommt sie im Londoner Nobelviertel Belgravia kaum dazu, eines ihrer erklärten Vorhaben umzusetzen: mehr Zeit mit ihrem Mann zu verbringen.
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Island gilt als das frauenfreundlichste Land der Welt - auch in der Politik. Wohl nicht umsonst wuchs eine ganze Generation an Isländern mit einer Frau an der Spitze ihres Landes auf: Vigdís Finnbogadóttir blieb nach ihrem Politikdebüt 1980 16 Jahre als Präsidentin im Amt. Die heute 86-Jährige überzeugte über die Jahre hinweg sogar ihre Gegner: Mit klarer Mehrheit wurde sie dreimal wiedergewählt. Finnbogadóttir ist die erste Präsidentin Europas und das erste demokratisch gewählte weibliche Staatsoberhaupt der Welt. Dabei stimmte die damalige Leiterin des Reykjavíker Stadttheaters und alleinerziehende Mutter einer Kandidatur nur widerwillig zu. Letztlich habe sie zeigen wollen, "dass Frauen das können", erzählt sie der "Presse". Denn sie gehöre einer Generation an, die mit einem völlig konträren Frauenbild aufgewachsen sei. Als kleines Mädchen wollte sie Schiffskapitän werden und die Welt sehen. "Du kannst das nicht machen, mein Schatz", sagten ihre Eltern dann. "Du bist ein Mädchen." Als Gründungsvorsitzende des Council of Women World Leaders, einer UN-Organisation für weibliche Staatschefs, engagiert sich Finnbogadóttir noch heute für Frauen in der Politik.
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Benazir Bhutto war in vieler Hinsicht die Erste: In Oxford, wo die Pakistanerin Politische Wissenschaften und Geschichte studierte, wurde sie zur ersten ausländischen Präsidentin des Studentenverbandes sowie zur Vorsitzenden des renommierten Debattierclubs gewählt. Doch bevor die 35-Jährige im Dezember 1988 zur ersten Regierungschefin eines islamischen Landes ernannt wurde, lag ein steiniger Weg vor der Tochter des ehemaligen Staatspräsidenten und Regierungschefs Zulfikar Ali Khan Bhutto, der dem Land eine demokratische Verfassung gegeben hatte. Kurz vor seiner Hinrichtung 1979 bat ihr Vater sie, sein politisches Erbe anzutreten. Bhutto stand von 1988 bis 1990 und von 1993 und 1996 an der Spitze Pakistans. Ihr Kampf nach oben war mit mehreren Hausarresten, einem jahrelangen Leben im Exil und Vorwürfen wegen Korruption, Vetternwirtschaft und Inkompetenz verbunden. Der Widerstand gegen die englischsprechende Schönheit und Vorsitzende der Pakistanischen Volkspartei (PPP) in dem streng konservativen Land war groß. Auch ihr drittes politisches Comeback stand unter einem schlechten Stern. Am 27. Dezember 2007 setzte ein Selbstmordattentäter der Terrororganisation Al-Qaida der "aufgehenden Sonne", wie sie von ihren Anhängern genannt wurde, dem Leben der 54-Jährigen ein jehes Ende.
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Zum sechsten Mal in Folge wurde Angela Merkel, seit 2005 deutsche Bundeskanzlerin, 2016 vom Magazin "Forbes" zur mächtigsten Frau der Welt gekürt. Zur Begründung für ihre Spitzenplatzierung hieß es, Merkel habe existenzielle Herausforderungen für die EU gemeistert und die deutsche Wirtschaft durch die Rezession geführt. Die wohl mutigste Tat der 62-jährigen sei aber die Aufnahme von mehr als einer Million Flüchtlingen aus muslimischen Ländern. Doch es ist auch genau ihre "Wir schaffen das"-Politik die der ersten deutschen Kanzlerin ihre nächste Amtszeit kosten könnte. Zwar ist die Pastorentochter und gebürtige Ostdeutsche bereits seit 1990 politisch aktiv, ihren Weg an die Spitze ebnete allerdings erst der Spendenskandal rund um die ehemaligen CDU-Spitzen Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble. Die britischen Forscher Michelle Ryan und Alex Haslam nennen dieses Phänomen "glass cliff" oder "gläsernde Decke". Demnach kommen Frauen vor allem dann in Führungspositionen, wenn die klassische männliche "Elite" nicht mehr weiter weiß und die Gefahr eines Scheiterns einer Führungsfigur am größten ist.
APA/AFP/ODD ANDERSEN
Die mächtigsten Frauen der Welt
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