Merkel will es wieder wissen

Angela Merkel
Angela MerkelAPA/dpa/Kay Nietfeld
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Die Kanzlerin will wieder für den CDU-Vorsitz und das Kanzleramt kandidieren. Ein Großteil der Deutschen steht hinter ihr.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will wieder für den CDU-Vorsitz und das Kanzleramt kandidieren. Das teilte die 62-Jährige am Sonntag im CDU-Präsidium laut Parteiinsidern mit. Merkel hatte auch schon zuvor erklärt, dass ihrer Ansicht nach der Parteivorsitz und das Kanzleramt in Personalunion zu führen sind.

Merkel ist die Entscheidung über die erneute Kandidatur für den CDU-Vorsitz und für das Kanzleramt nicht leicht gefallen. Ein führendes CDU-Mitglied sagte der Deutschen Presse-Agentur, Merkel habe in der Vorstandsklausur am Nachmittag erklärt, sie habe "Stunden über Stunden darüber nachgedacht". Deutschland und die CDU hätten ihr viel gegeben. Das wolle sie zurückgeben - "auch in einem nicht einfachen Wahlkampf". 

Auch wieder CDU-Parteivorsitzende

Damit ist verbunden, dass sich Merkel auf dem CDU-Bundesparteitag Anfang Dezember auch als CDU-Parteivorsitzende wiederwählen lassen will. Am Abend will sich Deutschlands Kanzlerin auch vor der Presse äußern. In den vergangenen Tagen waren immer mehr Unionspolitiker davon ausgegangen, dass sie für beide Ämter erneut antreten wird. Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel machte deutlich, dass er damit rechnet.

Die CDU wählt am 6. Dezember beim Bundesparteitag in Essen ihre Spitze neu. Merkel ist seit April 2000 CDU-Vorsitzende und seit November 2005 Kanzlerin. Sollte sie 2017 zum vierten Mal gewinnen, hat sie die Chance, CDU-Mitbegründer Konrad Adenauer und auch Rekordhalter Helmut Kohl einzuholen. Adenauer war 14 Jahre, Kohl 16 Jahre Bundeskanzler.

Verfechterin westlicher Werte

Merkel gilt trotz der Flüchtlingskrise im vorigen Jahr und trotz der daraufhin einbrechenden Beliebtheitswerte für sie persönlich und die ganze Union als konkurrenzlos in der CDU. International wird sie nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA als letzte Verteidigerin westlicher Werte gesehen. Der scheidende US-Präsident Barack Obama nannte sie "zäh" und erklärte bei seinem Abschiedsbesuch am Donnerstag, wäre er Deutscher, würde er sie wählen.

Seehofer signalisiert Unterstützung

Die Christdemokraten berieten am Sonntag über einen Leitantrag für den Parteitag, der auf Merkel zugeschnitten ist. Der Titel lautet: "Orientierung in schwierigen Zeiten - für ein erfolgreiches Deutschland und Europa". Die CDU will enttäuschte Wähler zurückgewinnen. Nötig seien konkrete Lösungen, "auch wenn ihre erfolgreiche Umsetzung manchmal schwierig ist und Zeit braucht".

Der deutsche CSU-Chef Horst Seehofer hat Unterstützung signalisiert. "Wir wollen jetzt für weitere vier Jahre das Vertrauen der Bevölkerung. Deshalb ist es für heute gut, dass jetzt Klarheit herrscht", sagte Seehofer. Es komme jedoch darauf an, noch inhaltliche Differenzen zu klären.

Grünen kündigen harten Wahlkampf an

Die deutschen Grünen haben einen harten Wahlkampf gegen Merkel und die Union angekündigt. "Wir freuen uns auf eine harte politische Auseinandersetzung, in der wir zeigen werden, wie wirksamer Klimaschutz und gesellschaftlicher Zusammenhalt funktionieren können", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir der "Rheinischen Post" (Montag).

Klar sein müsse: "Es geht in diesem Wahlkampf auch grundsätzlich darum, anständig miteinander umzugehen und Polemik und Hetze echte Inhalte entgegenzusetzen." Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dem "Handelsblatt": "Ich bin mal sehr gespannt, wie Angela Merkel ihren eigenen Laden zusammenhalten will."

SPD: Mythos der Unbesiegbarkeit ist vorbei

Die SPD reagiert gelassen auf die Ankündigung von Merkel, erneut als deutsche Kanzlerin zu kandidieren. Merkels Aussage sei "weder überraschend noch abschreckend", sagte Parteivize Ralf Stegner am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. Ihr "Mythos der Unbesiegbarkeit" sei vorbei, und die Union müsse sich aufgrund der ewigen Querelen eher in "Zwietracht" umbenennen.

Es sei auch zu hoch gegriffen, Merkel als Retterin der freien Welt zu bezeichnen, wie dies in diesen Tagen zu hören sei. "Aber unterschätzen tun wir sie natürlich nicht, das wäre ein großer Fehler", sagte Stegner weiter.

Deutsche Wirtschaft erfreut

Die deutschen Linken sagen für den Fall einer weiteren Amtszeit von Merkel Stillstand in Deutschland voraus. "Die erneute Kandidatur von Angela Merkel ist ein Signal dafür, dass sich nichts im Land ändern soll", sagte Parteichef Bernd Riexinger am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Es droht erneut eine Große Koalition und damit ein "Weiter so" der Politik der sozialen Spaltung."

Vertreter der deutschen Wirtschaft haben Angela Merkels Ankündigung einer erneuten Kanzlerkandidatur begrüßt. "Das war alternativlos, die Bundeskanzlerin musste wieder antreten", sagte Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, der "Frankfurter Rundschau" (Montagausgabe). Mit der Bundestagswahl 2017 stehe wieder eine Richtungsentscheidung für das Land an. "Ich begrüße, dass jetzt Klarheit herrscht", sagte Dulger.

Von der Physik in die Politik

Angela Merkel erklomm im April 2000 als erste Frau die Spitze der von Männern dominierten CDU - in den Turbulenzen der Parteispendenaffäre. Vorher war sie Generalsekretärin unter dem damaligen Partei- und Fraktionschef Wolfgang Schäuble. Merkel forderte die CDU 1999 auf, sich vom Übervater Helmut Kohl zu emanzipieren, der die Namen von Spendern nicht nannte und sich so über das Gesetz stellte.

2005 wurde die Pfarrerstochter aus der DDR als erste Frau in Deutschland auch Bundeskanzlerin. Und mit damals 51 Jahren war sie bei der Amtsübernahme jünger als alle ihre Vorgänger. Seither führte sie zunächst eine schwarz-rote, dann eine schwarz-gelbe und seit 2013 wieder eine Große Koalition. 2002 hatte sie nach langem Tauziehen noch zugunsten des damaligen CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber auf die Kanzlerkandidatur verzichtet. Rot-Grün gewann erneut die Wahl. Merkel verdrängte dann Friedrich Merz als Bundestagsfraktionschef und führte die CDU- und CSU-Abgeordneten bis 2005.

In die Politik kam die Physikerin überhaupt erst mit der Wende. 1989 trat sie zunächst dem "Demokratischen Aufbruch" bei, 1990 dann der CDU. 1990 war sie auch Vize-Regierungssprecherin der letzten DDR- Regierung unter Lothar de Maiziere und wurde schon Mitglied im Bundestag. Von 1991 bis 1998 war sie CDU-Vizevorsitzende unter Kohl und auch als Bundesministerin in seinem Kabinett.

Merkel wurde am 17. Juli 1954 in Hamburg geboren, zog mit der Familie dann nach Ostdeutschland. Sie ist in zweiter Ehe mit Joachim Sauer verheiratet.

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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