Netanjahu verteidigt sich in der U-Boot-Affäre

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Die Bestellung drei weiterer U-Boote der Dolphin-Klasse in Deutschland nährt Gerüchte über Korruption im Umfeld des Premiers. Er hat den Milliardendeal auch gegen expliziten Widerstand des Verteidigungsministeriums durchgezogen.

Tel Aviv/Berlin. Israels Regierungschef, Benjamin Netanjahu, hat die geplante Beschaffung von weiteren drei deutschen U-Booten der Dolphin-Klasse gegen harte Kritik im Inland verteidigt. Ihm wird vor allem vorgeworfen, er habe das milliardenteure Geschäft gegen ausdrücklichen Widerstand etwa des Verteidigungsministeriums vorangetrieben, dazu hätten Personen in seinem weiteren Umfeld von dem Deal mit Berlin profitiert.

Die zusätzlichen ultramodernen U-Boote seien absolut notwendig für Israels Existenzsicherung, betonte Netanjahu am Sonntag. Israels Sicherheit sei „die einzige Erwägung, die mich beim Kauf geleitet hat“, erklärte er bei einer Kabinettssitzung. Der Regierungschef ist durch Vorwürfe interner Absprachen bei dem geplanten Großgeschäft zuletzt immer stärker unter Druck geraten. Oppositionspolitiker fordern eine Untersuchungskommission in der „Dolphin-Affäre“. Der persönliche Rechtsberater von Netanjahu, David Shimron, soll als Anwalt nämlich auch einen israelischen Geschäftsmann vertreten, der in Israel Vertriebspartner von ThyssenKrupp Marine Systems ist, dem Erbauer der Boote, und der durch die Wartung der Boote Geld verdienen wollte. Israels Nationaler Sicherheitsrat, Netanjahus Büro und Shimron selbst hatten die Vorwürfe zurückgewiesen.

Ex-Minister fordert Untersuchung

„Ich war strikt gegen den Kauf drei weiterer U-Boote“, bestätigte jedoch der damalige Verteidigungsminister Moshe Yaalon vor Tagen auf Facebook; der frühere General (66) hatte von 2013 bis Mai 2016 als Minister amtiert, als er wegen Streits mit Netanjahu ging. Die weitere Aufrüstung – immerhin besitzt Israel schon jetzt aktiv fünf Dolphins und ein sechstes ist in Deutschland in Bau – sei nicht notwendig gewesen. Er fordert eine Untersuchung „der beunruhigenden“ Abläufe.

Das neue U-Boot-Geschäft wurde nach Medienberichten nach dem Amtsantritt seines Nachfolgers, Avigdor Lieberman, abgeschlossen. Nach Angaben von Netanjahus Büro hatte zuvor der Regierungschef im Oktober 2015 bei einem Besuch in Berlin gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel den Wunsch nach drei weiteren Dolphins geäußert. Merkel habe zugestimmt. Eine entsprechende Grundsatzvereinbarung mit Deutschland sei nunmehr am 26. Oktober einstimmig von der israelischen Regierung gebilligt worden.

Die Erneuerung der bestehenden U-Boot-Flotte sei für Israels Sicherheit zwingend notwendig, sagte Netanjahu am Sonntag. „Dies sind strategische Waffensysteme, die die Zukunft und die schiere Existenz Israels in den kommenden Jahrzehnten sichern [. . .] Das Prinzip, das mich leitet: dass Israel sich eigenständig gegen jeden Feind und in jeder Region verteidigen kann.“

Tatsächlich würde der Kauf dreier weiterer dieser Boote (Länge je nach Variante 58 bis 68 Meter, Verdrängung getaucht 1900 bis 2300 Tonnen, dieselelektrischer oder Brennstoffzellenantrieb, rund 35 Insassen) nicht zwingend einen Ausbau der Flotte auf neun Boote bedeuten: Die ersten drei Dolphins waren nämlich schon 1999 und 2000 in Dienst gestellt worden und dürften durch die neuen, die erst ab 2027 geliefert werden, nur ersetzt werden.

Fördert Berlin Israel als Atommacht?

Das gesamte Dolphin-Geschäft ist indes auch in Deutschland nicht unumstritten. Erstens, weil die bisherigen Einheiten (Preis je etwa 600 Millionen Euro) zu zwischen je einem Drittel bis 100 Prozent von Deutschland finanziert worden sind, aus historischer Verantwortung gegenüber Israel. Und zweitens, weil die Boote, die mit Torpedos und Seezielraketen bestückt sind, wahrscheinlich atomwaffentauglich sind: Vier ihrer zehn Torpedorohre sind nämlich vom international gesehen unüblich großen Kaliber 650 Millimeter, weshalb Rüstungsexperten davon ausgehen, dass daraus nuklearwaffenfähige Marschflugkörper ausgestoßen werden können und Israel sich im Grunde eine seegestützte Atommacht mit deutscher Hilfe verschafft haben könnte.

Die U-Boote gelten jedenfalls als wichtiger Teil der Abschreckung vor allem gegenüber dem Iran, unbestätigten Gerüchten zufolge kreuzt oft eines davon im Arabischen Meer, um gegebenenfalls den Iran von Süden her angreifen zu können. Im Sommer 2013 feuerte israelischen Medien zufolge ein Dolphin Marschflugkörper auf den syrischen Hafen Latakia: Das Ziel war eine frisch angekommene Lieferung russischer Jachont-Anti-Schiff-Raketen, durch die sich die israelische Schifffahrt vor der syrisch-libanesischen Küste bedroht sah. (ag./wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2016)

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