Trump spielt China in die Hände

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Der designierte US-Präsident will am ersten Tag seiner Amtszeit den Freihandel eindämmen und die Transpazifische Partnerschaft aushebeln. Damit treibt er die asiatischen Verbündeten in die Arme Chinas.

Peking. Sieben Jahre hatten die USA mit elf Ländern rund um den Pazifik verhandelt. Sie wollten die größte Freihandelszone der Welt schaffen. Und eigentlich fehlte nur noch die Zustimmung des US-Senats und einiger anderer Länderparlamente. Denn den Vertrag über die Transpazifische Partnerschaft (TPP) hatten alle beteiligten Regierungen bereits im vergangenen Februar im neuseeländischen Auckland feierlich unterzeichnet.
Doch nun steht TPP vor dem Aus. Donald Trump, der designierte US-Präsident, kündigte in einer Videobotschaft an, dass er gleich am ersten Tag seiner Amtszeit den Ausstieg der USA aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen erklären werde. Als „potenzielle Katastrophe für unser Land“ bezeichnete Trump das Abkommen. Er wolle stattdessen „faire“, bilaterale Handelsverträge vereinbaren, die Arbeitsplätze und Industrien zurück nach Amerika brächten.

Mit den USA, Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Mexiko, Chile, Peru, Vietnam, Malaysia, Brunei und Singapur hätten die TPP-Länder 800 Millionen Menschen und 40 Prozent der Weltwirtschaft umfasst. Fast alle Zoll- und Importschranken sollten in diesem Wirtschaftsraum fallen. Doch vor allem die Teilnahme der ärmeren Länder ist Trump ein Dorn im Auge. Er ist davon überzeugt, dass diese wegen der niedrigeren Lohnkosten Arbeitsplätze in den USA vernichten könnten. Im Wahlkampf hatte er gegen jegliche Freihandelsabkommen gewettert.

Entsetzen in Japan

(C) DiePresse

Bei den anderen elf Pazifik-Anrainerstaaten herrscht nun Katerstimmung. Besonders entsetzt ist Japans Premier, Shinzō Abe. Er erklärte, ohne die USA sei TPP bedeutungslos. Theoretisch könnten die verbliebenen TPP-Länder zwar auch ohne die USA den Vertrag in Kraft setzen. Doch besonders aus Tokioter Sicht hat das keinen Sinn. Die japanische Industrie wollte im Rahmen von TPP in Südostasien günstig produzieren lassen und die Waren dann an die reichen Amerikaner verkaufen. Jetzt wird Japan einfach nur zum Zielmarkt für einen Strom von Billigwaren. So hatte Abe nicht kalkuliert.

Australien gibt dennoch nicht auf und wirbt um Nachverhandlungen. Die neuseeländische Regierung plädiert dafür, den TPP-Prozess fortzusetzen, bis klar sei, wie sich die Trump-Regierung tatsächlich verhalten werde. Doch selbst der noch amtierende US-Präsident, Barack Obama, zeigt sich skeptisch. Beim Asien-Pazifik-Gipfel im peruanischen Lima gab auch er hinter den Kulissen zu, dass er an keinen erfolgreichen Abschluss mehr glaube. Nur ein ostasiatisches Land freut sich über Trump: China.
Damit könnte sich nun ein Schachzug der Obama-Regierung rächen, der explizit gegen China gerichtet war. Die USA und Japan hatten das Reich der Mitte als einzige große Pazifik-Nation aus den TPP-Verhandlungen ausgeschlossen. Sie verstanden das Abkommen als Gegengewicht zu China und wollten den Einfluss der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt eindämmen.
Die chinesische Führung wirbt seitdem für die von ihr initiierte Regionale Umfassende Partnerschaftsvereinbarung (RCEP). Sie umfasst ebenfalls die meisten Länder Asiens plus die Pazifikstaaten Australien und Neuseeland. Insgesamt sollen 16 Länder dabei mitmachen. In diesem Bündnis sind jedoch die USA nicht dabei. Zugleich verhandelt China mit den Ländern Lateinamerikas um den Abbau von Handelsschranken, wirbt in Zentralasien für seine Seidenstraße-Initiative, die Wiederbelebung der antiken Handelsrouten, und verhandelt mit Indien über den Abbau von Zöllen.

Mehr Verhandlungsmacht für Peking

Ohnehin sind Peking bilaterale Verhandlungen lieber. So kann das mächtige China viel einfacher seine Interessen durchsetzen als bei multilateralen Treffen, bei denen sich die USA häufig auf die Seite der kleineren Staaten gestellt haben. Mit Trumps Ankündigung, die meisten Freihandelsverhandlungen zu stoppen, könne China nun „die Lücken füllen“, die die USA mit dem Scheitern der TPP-Verhandlungen hinterlassen werden, vermutet der japanische Ökonom Harumi Taguchi vom Forschungshaus IHS.

„China wird seine Tür vor der Außenwelt nicht schließen, sondern weiter öffnen“, umwarb Chinas Präsident, Xi Jinping, am Wochenende beim Apec-Gipfel in Lima die anwesenden Regierungsvertreter. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet die Volksrepublik, die sich offiziell immer noch als kommunistisch bezeichnet, macht sich nun zum Vorreiter des freien Handels. Die USA hingegen setzen unter Trump nun auf Protektionismus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2016)

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