USA/China: Trumps antichinesische Twitter-Provokationen

Der designierte US-Präsident, Donald Trump.
Der designierte US-Präsident, Donald Trump.(c) REUTERS (MARK KAUZLARICH)
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Nach seinem Telefonat mit Taiwans Präsidentin wettert der nächste US-Präsident weiter gegen Peking. Chinas Führung bleibt betont gelassen: Sie setzt darauf, dass sich Washington politisch von Asien abwenden wird.

Peking. Eines wird deutlich: Momentan ist China in der Taiwan-Frage an keiner Eskalation interessiert. Sonst hätte das chinesische Außenministerium am Montag sehr viel schärfere Worte gewählt: „Wir kommentieren nie die Persönlichkeit eines Politikers, sondern schauen uns seine Politik an, besonders die Politik gegenüber China.“ Die ganze Welt wisse über Pekings Position Bescheid, auch Donald Trump: Es gebe nur ein China, Taiwan sei ein untrennbarer Teil davon. Der richtige Umgang in der Sache sei „die schwierigste und wichtigste politische Voraussetzung“ für stabile Beziehungen zwischen Washington und Peking.

Damit reagierte die chinesische Führung bewusst zurückhaltend in einem Konflikt, der sich seit Freitag zuspitzt. Der designierte US-Präsident hatte im US-chinesischen Verhältnis ein Tabu gebrochen: Er hatte unverhohlen und ganz offiziell mit der taiwanesischen Präsidentin, Tsai Ing-wen, telefoniert. Das zehnminütige Gespräch an sich verlief unspektakulär. Trump ließ sich von Tsai zu seinem Wahlsieg gratulieren. Sie hätten sich vage über die künftige wirtschaftliche Entwicklung und Fragen der Sicherheit Taiwans ausgetauscht.

Es handelte sich dabei allerdings um das erste offizielle Gespräch eines gewählten US-Präsidenten mit einem Staatsoberhaupt Taiwans seit vier Jahrzehnten. 1979 hatten die USA die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan gekappt, um formell Beziehungen zur Volksrepublik aufzunehmen. Das war eine der Kernbedingungen der Führung in Peking. Doch Trump scheint die Brisanz seines Telefonats mit Tsai nicht zu erkennen. Er legte am Sonntag auf der Kurznachrichtenplattform Twitter nach: „Hat China uns gefragt, ob es okay ist, seine Währung abzuwerten, unsere Produkte stark zu besteuern oder einen massiven Militärkomplex im Südchinesischen Meer zu bauen?“

Chinas Außenminister war in einem Interview mit dem Hongkonger Nachrichtensender Phoenix sichtlich bemüht, den diplomatischen Vorfall herunterzuspielen. Er glaube nicht, dass die USA ihre China-Politik verändern würden. Er führte das Telefont indirekt auf die Unerfahrenheit Trumps zurück. Das Telefonat sei ein „kleiner Trick“ Taiwans gewesen. Einige Experten bezweifeln diese Theorie: Trumps Taiwan-freundliche Berater hätten das Gespräch lange vorbereitet. Auch berichteten Taiwans Medien, Trump verfolge Interessen für seinen Konzern. Angeblich soll es um Bauinvestitionen in der Nähe des internationalen Flughafens in der Stadt Taoyuan gehen. Die Trump Organization wies die Gerüchte jedoch zurück.

Peking droht mit Annexion

Die Volksrepublik und Taiwan führen seit Jahrzehnten einen erbitterten Streit um die Frage des rechtmäßigen China. Die kommunistische Führung hält die vorgelagerte Insel für eine abtrünnige Provinz. Für die Regierung in Taipeh wiederum ist das Festland nur vorübergehend in der Hand der Kommunistischen Partei, nachdem die nationalchinesische Regierung 1949 nach dem verlorenen Bürgerkrieg flüchten musste. De facto ist Taiwan mit seinen 23 Millionen Einwohnern ein unabhängiger Staat mit eigener Verwaltung, eigenem Militär und – anders als auf dem Festland – auch mit demokratischen Rechten.

Auf Betreiben Pekings wird die Insel von den meisten Ländern dennoch nicht als eigenständig anerkannt. Auch Washington sieht in der Führung in Peking die rechtmäßige Regierung. Die USA sehen sich allerdings weiter als Schutzmacht Taiwans. Peking hat immer wieder mit einer gewaltsamen Annexion gedroht, sollte sich Taiwan formell für unabhängig erklären. Der Konflikt hat sich im zurückliegenden Jahr deutlich verschärft. Nach achtjähriger Annäherung unter Tsais Vorgänger wählte eine satte Mehrheit der Taiwanesen Anfang 2016 eine ausgesprochen Peking-kritische Kandidatin ins Amt. Sie will Taiwan sowohl politisch als auch wirtschaftlich wieder weg vom Festland rücken: Viele Taiwanesen fürchten einen Ausverkauf an das Festland.

Doch Chinas Führung scheint es derzeit lieber bei Drohungen zu belassen. Sie glaubt ohnehin: Die Zeit spielt für sie. Peking rechnet fest damit, dass sich Washington unter Trumps Präsidentschaft weniger mit Asien beschäftigen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2016)

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