Steinmeier an Kurz: "Rauen Wind werdet auch ihr spüren"

"Europa ist seit 2014 nicht mehr der Hort des ewigen Friedens", sagt Steinmeier.
"Europa ist seit 2014 nicht mehr der Hort des ewigen Friedens", sagt Steinmeier.(c) AFP
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Der scheidende OSZE-Vorsitzende Frank-Walter Steinmeier stimmt seinen Nachfolger Sebastian Kurz auf eine schwierige Aufgabe ein.

Der scheidende OSZE-Vorsitzende Frank-Walter Steinmeier hat seinen Nachfolger Sebastian Kurz (ÖVP) auf eine schwierige Aufgabe eingestimmt. "Den rauen Wind, der uns im letzten Jahr in den Wind geweht ist, den werdet ihr auch spüren", sagte Steinmeier am Freitagnachmittag zum Abschluss des OSZE-Ministerrates in Hamburg vor Journalisten. Kurz sprach von "riesigen" Fußstapfen, in die er trete.

Der deutsche Außenminister wünschte seinem Amtskollegen in einer gemeinsamen Pressekonferenz "gut Glück, gute Nerven und Erfolg im gemeinsamen Geist". Kurz solle "die Nerven bewahren" und bei Sitzungen darauf setzen, dass sich letztlich doch "die Vernunft durchsetzt", sagte Steinmeier. Zugleich versprach er weitere Unterstützung im Rahmen der OSZE-Vorsitztroika im kommenden Jahr. Deutschland werde am 31. Dezember "nicht einfach den Griffel aus der Hand legen". "Wir werden weiter an deiner Seite stehen, wenn Hilfe gefragt ist", sagte Steinmeier. "Du kannst dich darauf verlassen: Auf dieses Angebot werden wir zurückkommen", entgegnete Kurz.

"Die Fußstapfen sind riesig"

"Wir sind uns bewusst, dass eine große Aufgabe auf uns wartet. Die Fußstapfen sind riesig", sagte der künftige OSZE-Vorsitzende mit Blick auf den "irrsinnig professionellen deutschen Vorsitz, der in unermüdlichem Einsatz war". Neuerlich betonte er, dass Österreich für Dialog, Vertrauen und eine Überwindung des grassierenden "Blockdenkens" in Europa sorgen wolle. Österreich, das "immer ein Land an der Brücke zwischen Ost und West" gewesen sei, übernehme nun den Vorsitz in einer Organisation, die ihrerseits eine "Brückenfunktion" in Europa habe, argumentierte Kurz.

Österreich wolle sich bemühen, "dass Konflikte zumindest in ihrem Ausmaß nicht zunehmen" und nach Möglichkeit "auch einen Beitrag zur Entschärfung" leisten, sagte der künftige OSZE-Vorsitzende. Ausführlich ging er in seinem Pressestatement auf jenen Politikbereich ein, mit dem er sich als Außen- und Integrationsminister schon seit längerer Zeit intensiv beschäftigt, nämlich den Kampf gegen Radikalisierung. Diese sei eine "massive Sicherheitsbedrohung". Es brauche auch "mehr Bewusstsein dafür, dass Radikalisierung mittlerweile ganz offen mitten in unserer Gesellschaft stattfindet", sagte Kurz.

"Europa ist nicht mehr Hort des ewigen Friedens"

Steinmeier zog eine positive Bilanz des deutschen OSZE-Vorsitzes. "Dieses Jahr hat sich gelohnt für uns und für die OSZE selbst", sagte er. Der öffentlich ausgetragene Streit der Mitgliedsstaaten beim Treffen habe ihn "überhaupt nicht überrascht", weil die Organisation auch ein "Spiegel" der allgemeinen Sicherheitssituation sei, die eben "stürmisch" sei. "Europa ist seit 2014 nicht mehr der Hort des ewigen Friedens", konstatierte Steinmeier in Anspielung auf die russische Aggression gegen die Ukraine.

Es habe ihn aber positiv gestimmt, dass die Bereitschaft der OSZE-Staaten, "aufeinander zuzugehen", im Verlauf des Treffens zugenommen habe. So sei es gelungen, mehrere gemeinsame Dokumente zu beschließen. Auf eine Frage zu einer möglichen Polizeimission in der Ukraine sagte Steinmeier, Priorität habe es, den Abstand zwischen Armee und Separatisten an der Waffenstillstandslinie zu vergrößern. Erst dann werde man über das Thema der "Bewaffnung" der Mission sprechen.

Der deutsche Außenminister räumte ein, dass auch die Situation in Syrien das OSZE-Treffen belastet habe. "Natürlich tragen auch die Auseinandersetzungen um Syrien hier in unsere Beratungen hinein", sagte Steinmeier. Es sei aber "ein kleiner Fortschritt", dass US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow jetzt wenigstens wieder über Waffenpausen in Aleppo sprechen. Das OSZE-Treffen habe dies ermöglicht und zeige, dass es Foren wie der OSZE bedarf, um scheinbar blockierte Situationen wieder zu "deblockieren".

(APA)

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