Attentat auf russischen Botschafter in Ankara

FILE PHOTO - Russian President Vladimir Putin next to Russian Ambassador to Turkey Andrei Karlov disembarks from the Presidential aircraft at Ataturk airport in Istanbul
FILE PHOTO - Russian President Vladimir Putin next to Russian Ambassador to Turkey Andrei Karlov disembarks from the Presidential aircraft at Ataturk airport in Istanbul(c) REUTERS (OSMAN ORSAL)
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Ein unbekannter Mann hat bei einer Ausstellungseröffnung den Repräsentanten der Russischen Föderation, Andrej Karlow, erschossen. Bei der Tat soll er „Rache für Aleppo“ gerufen haben.

Ankara/Wien. Die Schüsse fielen während der Eröffnung einer Fotografieausstellung in Ankara. Der russische Botschafter sackte zu Boden – und erlag kurze Zeit später nach Angaben russischer Agenturen seinen Verletzungen. Augenzeugen berichten, dass Botschafter Andrej Karlow gerade die Eröffnungsrede hielt, als ein Mann im schwarzen Anzug eine Waffe hervorholte. Zuvor sei der Täter hinter dem Botschafter gestanden, daher hätten die Anwesenden angenommen, dass er zu seinem Bodyguard-Team gehöre.

Der Mann habe zuerst in die Luft geschossen, anschließend auf Karlow. „Er hat irgendwas über Aleppo gesagt“, schildert ein Augenzeuge der Tageszeitung „Hürriyet“. „Dann wollte er, dass alle den Raum verlassen.“

In anderen Medien heißt es, der Mann habe gerufen: „Wir werden uns für Aleppo rächen“. Neben dem Botschafter habe eine Kugel den Fuß eines anderen Anwesenden getroffen, insgesamt hätten sich rund 100 Menschen im Saal befunden. Die Tat ereignete sich im Kulturzentrum ?ağdaş mitten in der Hauptstadt Ankara. Die Ausstellung ist Medienberichten zufolge von der russischen Botschaft organisiert worden.

Als Polizist ausgegeben

Angeblich hat sich der Täter am Eingang als Polizist ausgegeben und sich dementsprechend ausgewiesen. Ein Bild, das im Netz kursiert, zeigt den Botschafter auf dem Boden liegend, während ein schlanker Mann im Hintergrund mit einer Waffe hantiert; weitere Gäste der Ausstellung liegen ebenfalls am Boden oder kauern an einer Wand.
Über die Identität des mutmaßlichen Täters war vorerst nichts bekannt. Türkische Medien berichteten von einer Schießerei rund um das Kulturzentrum.

Die Türkei und Russland haben traditionell ein kompliziertes Verhältnis. Kürzlich haben sich die Länder nach diplomatischen Zerwürfnissen wieder angenähert. Sowohl Moskau als auch Ankara sind in Syrien in Kriegshandlungen involviert, allerdings vertreten sie gegensätzliche Interessen. Ankara unterstützt die Rebellen, die gegen den syrischen Machthaber Bashar al-Assad kämpfen, während Moskau Assad-treu ist. Vor einigen Tagen ist es dem Regime mithilfe Russlands und dem Iran gelungen, den Osten Aleppos von den Rebellen zurückzuerobern. Während der wochenlangen Belagerung seitens Damaskus kam es zu einer humanitären Krise, den Bewohnern Ost-Aleppos gingen Lebensmittel und Trinkwasser aus. Die Evakuierung Ost-Aleppos ist derzeit noch im Gange. West-Aleppo hingegen war in den vergangenen Jahren ohnehin in den Händen des Regimes.

Heute, Dienstag, findet ein Dreier-Gipfel zwischen Türkei-Iran-Russland zum Thema Syrien statt. (duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2016)

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