Schokolade sorgt für diplomatische Wirren

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Symbolbild.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein weihnachtliches Geschenk der kroatischen Botschaft in Form einer Pralinenschachtel war so gar nicht nach dem Geschmack des slowenischen Außenamts. Der Minister höchstpersönlich protestierte.

Belgrad. Die süße Weihnachtsgabe war gut gemeint, doch sie geriet den Empfängern in die falsche Kehle. Die Aufschrift „Gruß aus Kroatien“ zierte eine Pralinenschachtel, die die kroatische Botschaft in Slowenien rechtzeitig vor den Feiertagen samt Glück- und Friedenswünschen fast allen Würdenträgern ihres Gastlands in die Amtsstuben schickte. Zunächst kommentarlos sandte Sloweniens Außenministerium den Schokogruß in einem Säckchen mit dem heimischen PR-Slogan „I feel Slovenia“ an den Absender zurück. Als „diplomatischen Fauxpas“ kommentierte hernach Sloweniens Außenminister, Karl Erjavec, die „sehr missglückte Geschenkauswahl“.

Der Hinweis des kroatischen Herstellers, dass die Süßigkeiten samt Schachtel bereits seit 20 Jahren produziert und auch in Slowenien verkauft werden, vermochte den Grimm der Beschenkten kaum zu lindern. Es ist eine auf der Innenseite des Pralinenschachteldeckels abgebildete, fein gestrichelte Seegrenze, die Sloweniens Medien gar eine gezielte „Provokation“ Zagrebs wittern lässt. Schon seit Jahren streiten die Nachbarn Slowenien und Kroatien über den Verlauf der Seegrenze in der Bucht von Piran: Slowenien hat darum einst selbst Kroatiens EU-Beitrittsverhandlungen monatelang blockiert. Seit 2013 ist Kroatien nun zwar EU-Mitglied. Doch besser ist das Verhältnis zu Slowenien darum auch nicht geworden.

Ärger über serbische Schokolade

Wie einst Laibach (Ljubljana) den Bremser für Kroatiens EU-Beitritt mimte, tritt nun auch Zagreb bei den Beitrittsbemühungen des einstigen Kriegsgegners Serbien zum Ärger Belgrads regelmäßig auf die Bremse. Auch hier vermag Schokolade die Dauerstreithähne kaum versöhnlicher zu stimmen. Im Gegenteil: Ein harmloser Puffreisriegel hat für neue Verstimmungen in der sensiblen Nachbarschaft geführt.

Eigentlich funktioniert zumindest der Warenaustausch zwischen den einstigen Kriegsfeinden wieder recht gut. Kroatische Kraš-Pralinen oder Cedevit-Brause werden von Serbiens Kunden genauso geschätzt wie serbische Süßwaren im Nachbarland.

Präsidentin entschuldigt sich

Doch an einem von Kroatiens Präsidentin, Kolinda Grabar-Kitarović, verteilten Schokoriegel der Pionir-Werke im serbischen Subotica scheiden sich trotzdem die Geister. Zum 25. Jahrestag des Beschusses von Dubrovnik hat die Präsidentin dort zu Monatsbeginn einen Kindergarten der kroatischen Stadt besucht – und Süßigkeiten verteilt. Es sei „traurig“, dass dabei ein Schokoriegel des einstigen Aggressors verteilt worden sei, erregte sich hernach ein patriotisch gesinnter Vater per Facebook. Noch mehr verblüffte die Öffentlichkeit allerdings die prompte Entschuldigung Kitarovićs. Sie sei „extrem enttäuscht“, dass sich unter ihren Gaben „nicht kroatische“ Produkte befunden hätten: „Als kroatische Präsidentin muss ich für kroatische Produkte werben. Das wird nicht mehr vorkommen.“

Für Belgrad hat die präsidiale Zerknirschung mit dem von der EU propagierten freien Güteraustausch allerdings wenig gemein. Von einem „Rückfall in den Protektionismus“ warnte düster Serbiens Handelsminister, Rasim Ljajić. Nur Staaten im Krieg verhängten gegen andere einen Handelsboykott, verkündete gar Serbiens Staatspräsident, Tomislav Nikolić, unversöhnlich: „Wenn schon Schokolade für Kroatien ein Problem ist, fällt alles Freundschaftsgerede ins Wasser.“

Hohn in den sozialen Medien

Kroatiens Premier, Andrej Plenković, hat zwar versichert, kein Problem mit serbischer Schokolade zu haben. Doch die Tücken der heimischen Schoko-Diplomatie sorgen in Kroatiens Webwelten für anhaltenden Spott. Balkan-Beisl bleibe Balkan-Beisl, „egal wie europäisch man sich nun auf die Brust klopft“, ätzt ein Surfer auf dem Webportal Index: „Ob Bosnien, Kroatien oder Serbien: Jedes Land hat leider seine eigene Idioten.“

AUF EINEN BLICK

Schokogate. Weil eine umstrittene Landkarte das Innere einer Pralinenschachtel zierte, die Kroatiens Botschaft verschenkte, sprach Sloweniens Außenminister, Karl Erjavec, von einem „diplomatischen Fauxpas“. Bereits Anfang des Monats hatte auch Kroatiens Präsidentin, Kolinda Grabar-Kitarović, Kritik im eigenen Land einstecken müssen, weil sie Süßigkeiten aus Serbien verschenkt hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2016)

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