Hahn glaubt nicht an Platzen des Türkei-Flüchtlingspakts

Die Türkei-Verhandlungen lägen "de facto auf Eis", sagt EU-Kommissar Johannes Hahn.
Die Türkei-Verhandlungen lägen "de facto auf Eis", sagt EU-Kommissar Johannes Hahn.(c) REUTERS (YVES HERMAN)
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Der EU-Kommissar plädiert für eine Fortsetzung des Dialogs mit Ankara. Die Beitrittsgespräche lägen "de facto" aber auf Eis.

EU-Kommissar Johannes Hahn glaubt nicht an ein Platzen des EU-Flüchtlingspakts mit der Türkei. "In der praktischen Abwicklung funktioniert er. Das finanzielle Angebot der EU ist sehr großzügig", sagte Hahn gegenüber dem "Kurier" (Mittwochsausgabe).

Der EU-Kommissar wies darauf hin, dass vor der Vereinbarung mit der Türkei im März 2016 in den Wintermonaten 740.000 Flüchtlinge gekommen seien. Von April bis heute seien es etwa 20.000 gewesen.

Bezüglich der von Ankara geforderten Visa-Freiheit sagte Hahn, alle dafür notwendigen 72 Kriterien seien mit der Türkei vor drei Jahren vereinbart worden. "Zu behaupten, die EU hätte einseitig Kriterien festgelegt, stimmt einfach nicht", betonte der Kommissar. Die Ukraine und Georgien hätten die Kriterien auf Punkt und Beistrich erfüllt. Aus der Türkei seien dagegen keine Vorschläge zur von der EU geforderten Anpassung der Terrorgesetzgebung gekommen.

Zur Frage der Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei meinte Hahn, er halte diese Debatte für künstlich. "Seit dem versuchen Putsch liegen die Beitrittsverhandlungen de facto auf Eis". Der Außenminister (Sebastian Kurz/ÖVP) habe sich im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler (Christian Kern/SPÖ) auf den einstimmigen Beschluss des Nationalrates berufen. Die Erklärung der EU-27 habe in vielerlei den Kritikpunkten Österreichs Rechnung getragen.

Das Verhältnis der EU zur Türkei definierte Hahn als "Dialog mit einem Land, das Nachbar der EU ist". Die Türkei sei in einer höchst instabilen Lage, die Wirtschaft erodiere. "Angesichts dieser Zustände ist es in unserem ureigenstem Interesse, einen Beitrag zur Stabilisierung der Türkei zu leisten. Und das geht nur durch Dialog", so der EU-Kommissar.

(APA)

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