Rumänien: Basescu lehnt Deutsch-Rumänen als Premier ab

(c) Reuters (Bogdan Cristel)
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Erfolgreicher Bürgermeister von Hermannstadt sollte Land aus Krise führen. Gründlichkeit und Effizienz sind die Tugenden, die den bei öffentlichen Auftritten etwas hölzern wirkenden Bürgermeister auszeichnen.

Belgrad/Bukarest. Da hat die Opposition die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Unmittelbar nachdem das Parlament am Dienstag Premier Emil Boc das Misstrauen ausgesprochen hatte, ventilierten mehrere Parteien einen Angehörigen der deutschsprachigen Minderheit als dessen Nachfolger: Klaus Johannis, der erfolgreiche Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt), sollte den festgefahrenen Regierungskarren wieder flottmachen und mit einer Expertenregierung zwei Monate lang das junge EU-Mitglied aus der ärgsten Krise führen.

Sein Startvorteil: Er wäre parteilos. Und er erklärte sich auch bereit, den Job zu übernehmen. Am Dienstag kündigte Präsident Traian Basescu allerdings Widerstand gegen Johannis an, der eine Parlamentsmehrheit hinter sich hätte: Johannis wäre nur eine Marionette der Parteien, die ihn aufgestellt hätten, meinte Basescu, der eine Konzentrationsregierung aller Parteien fordert.

Ambitionen auf dem nationalen Parkett hatte der profilierteste Kommunalpolitiker des Landes bisher nie erkennen lassen. Er sei „kein Auswanderer“, pflegte er zu versichern. Schon zu den trostlosen Zeiten des Kommunismus, als zehntausende Siebenbürger Sachsen ihr Heil im Ausland suchten, hatte sich der Physiklehrer fürs Bleiben entschieden. Auf gerade noch 2000 Seelen war die deutschstämmige Minderheit durch den Aderlass nach der Wende von 1989 geschrumpft.

Eher zufällig rutschte er als Kandidat der Minderheit im Jahr 2000 erstmals auf den Bürgermeistersessel. Die Leute hätten alle etablierten Parteien satt gehabt, erklärte der heute 50-Jährige. Vier Jahre später wurde er mit fast 90 Prozent bestätigt. Denn in dem lange dem Verfall preisgegebenen Sibiu hat Johannis ein kleines Wunder vollbracht.

Wirtschaftsmotor Sibiu

Gründlichkeit und Effizienz sind die Tugenden, die den bei öffentlichen Auftritten etwas hölzern wirkenden Bürgermeister auszeichnen. Das alte Führungspersonal in den Behörden tauschte er aus, er sorgte für mehr Bürgernähe und bessere Kontrolle in der Verwaltung: „Wir wollten einfach eine andere Mentalität in die Stadt bekommen.“ Die erfolgreiche Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas (2007) nutzte Johannis zur Renovierung der heruntergekommenen Altstadt.

Der Ausbau der Infrastruktur, ein neuer Flughafen und das investitionsfreundliche Klima haben neue Unternehmen in die Gewerbegebiete der 180.000-Einwohner-Stadt gelockt, die mittlerweile zu den wichtigsten Wirtschaftsmotoren des Landes zählt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2009)

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