Irans große graue Eminenz ist tot

Akbar Hashemi Rafsanjani verstarb.
Akbar Hashemi Rafsanjani verstarb.(c) APA/AFP/ATTA KENARE (ATTA KENARE)
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Der frühere Präsident Akbar Hashemi Rafsanjani starb am Sonntag 82-jährig an einem Herzinfarkt. Der relativ Liberale häufte auch ein Vermögen als Unternehmer an.

Er war eine Institution in seiner Heimat und galt als eine der Säulen der Islamischen Republik. Erst vorigen Mai war der Alt-Präsident erneut mit fulminantem Stimmenvorsprung in den Expertenrat gewählt worden, der den nächsten Revolutionsführer bestimmt. Akbar Hashemi Rafsanjani, von 1989 bis 2007 Regierungschef des Iran und vorher unter anderem Parlamentspräsident, starb am Sonntag im Shohadaa-Krankenhaus an einem Herzinfarkt.
Das Staatsfernsehen unterbrach sein Programm, mit zitternder Stimme erklärte eine Sprecherin, der Gestorbene sei in den Himmel gefahren, „nach einem Leben im rastlosen Einsatz für den Weg des Islam und der Revolution“

Hassfigur der Hardliner

Hunderte Menschen strömten vor dem Hospital im Norden Teherans zusammen. Bis zuletzt hatte sich der 82-Jährige, der als einer der reichsten Männer des Landes sein Vermögen mit Pistazien, Hotels, der Fluggesellschaft Mahan Air und Fabriken gemacht hatte, in die politischen Debatten seines Landes eingemischt. Er warb für eine Entspannung mit dem Westen, für wirtschaftliche Reformen und zuletzt auch für geringere Militärausgaben. Bei den Hardlinern war der gewiefte Stratege und Pragmatiker indes verhasst, zumal er zu den wenigen iranischen Politikern gehörte, die sich kritische Worte gegen den aktuellen allmächtigen Revolutionsführer, Ali Khamenei, erlauben konnten.

Unter dem Schah verhaftet und gefoltert, begann der Theologe seine Karriere in der Islamischen Republik als enger Vertrauter von Staatsgründer Ajatollah Ruhollah Khomeini. Seine achtjährige Präsidentschaft stand ganz unter dem Druck, das frühere Persien nach dem verheerenden achtjährigen Krieg gegen den Irak in den 1980ern ökonomisch und gesellschaftlich wieder aufzubauen. Die Ursprünge des umstrittenen iranischen Atomprogramms, das der Islamischen Republik in den vergangenen mehr als zehn Jahren weltweite Sanktionen eintrug, fielen in seine Amtszeit genauso wie etwa die staatlichen Auftragsmorde an kurdischen Oppositionellen anno 1992 im Berliner Restaurant „Mykonos“ und anderswo.

Ein neuer Revolutionär

Nach dem Attentat von 1994 gegen die Zentrale der jüdischen Gemeinde in Buenos Aires, bei dem 87 Menschen ums Leben kamen, erließ ein argentinische Gericht auch Haftbefehl gegen Rafsanjani, der jedoch stets jede Beteiligung an der Bluttat bestritt und letztlich nicht greifbar war.

Bei der Präsidentenwahl 2005 erlitt Rafsanjani eine verheerende Niederlage gegen den populistischen Hardliner und damaligen Teheraner Bürgermeister, Mahmud Ahmadinejad. 2009 unterstützten er und seine Familie dann die „Grüne Bewegung“, die für eine innere und äußere Öffnung des Iran eintrat und da und dort im Westen, nicht zuletzt in Medienkreisen, kurzzeitige Hoffnungen auf eine neue, unislamische Revolution auslöste.

Der Konflikt um das gefälschte Wahlergebnis stürzte die Islamische Republik in die schwerste Krise ihrer Geschichte. Tausende wurden verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Die damaligen Spitzenkandidaten Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi stehen bis heute unter Hausarrest. Rafsanjani blieb zwar Mitglied des politischen Establishments, aber die einflussreiche Stellung als Freitagsprediger auf dem Campus der Teheraner Universität wurde ihm entzogen. Die religiös-politische Versammlung gilt als zentrale Plattform der Islamischen Republik.

2013 förderte Rafsanjani dann die Wahl des relativ moderaten Präsidenten Hassan Rohani, der in einem Vertrag mit dem Westen, China und Russland nach viel Hin und Her die Atomkrise löste und ein Ende der Sanktionen erreichte.

„Müssen ohne ihn weitertun“

Für Rohani, der sich am 19. Mai der Wiederwahl stellen muss, ist Rafsanjanis Tod ein schwerer Schlag. „Wir werden ihn vermissen“, kommentierte Farshad Ghorbanpour, einer der politischen Vordenker der Reformer. „Er war zwar nicht mehr so mächtig, aber er gab uns Hoffnung. Nun müssen wir ohne ihn weitermachen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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