Faymann im Kreml: Zwischen Kalaschnikow und Erdgas

(c) EPA (Mikhail Klimentiev)
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Kanzler Faymann sprach mit dem russischem Präsidenten Medwedjew über einen Einstieg in die South-Stream-Pipeline. Schon jetzt bezieht Österreich 54 Prozent seines Erdgases aus Russland.

MOSKAU. Erst kam Michail Kalaschnikow, dann Werner Faymann. Erst bedachte Präsident Dmitrij Medwedjew den 90-jährigen Erfinder des berühmten AK-47 Sturmgewehrs mit dem Ehrentitel „Held Russlands“, unmittelbar danach empfing er den österreichischen Bundeskanzler im Kreml. Im grün tapezierten Repräsentationskabinett, einem äußerst spärlich beheizten Raum, sprach der russische Staatspräsident mit Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer eine Stunde lang vor allem über Energiesicherheit.

Werner Faymann ist ein verbindlicher Mann. Und deshalb wollte er der russischen Staatsführung vor allem eines vor Augen führen: Dass die Nabucco-Gaspipeline, mit der sich Europa und die OMV weniger abhängig von russischen Lieferungen machen wollen, keineswegs gegen Russland gerichtet sei.

Deshalb habe Österreich auch nichts gegen „South Stream“ und „North Stream“ einzuwenden, jene zwei Gaspipelines, die Russland um seine ehemaligen osteuropäischen Satellitenstaaten herum bauen will. Er sehe da anders als manche antirussischen Nabucco-Lobbyisten (und auch die verärgerten Osteuropäer) keinen Gegensatz zwischen den Projekten. „Wir sind für alle drei Pipelines“, sagte Faymann und verwies auf Vorbereitungsgespräche über einen Einstieg der OMV bei South Stream. Eine Abzweigung der neuen russischen Gasleitung nach Österreich sei also willkommen.

Schon jetzt bezieht Österreich 54 Prozent seines Erdgases aus Russland. Medwedjew informierte seinen Gast, dass er ein Frühwarnsystem einrichten wolle, damit Europa rechtzeitig informiert werden könne, wenn sich wieder Streitigkeiten mit der Ukraine und damit Gaslieferengpässe in Europa anbahnen sollten. Die Oktoberrechnung für seine Gaslieferung hat die Ukraine inzwischen beglichen. Wie es weitergehen soll, weiß niemand so recht.

Plan für Dialogplattform

Faymann sprach mit dem russischen Präsidenten auch über außenpolitische Themen, die unmittelbar mit Österreichs Vorsitz im Weltsicherheitsrat zu tun haben: über den Atomstreit mit dem Iran, über die geplante UN-Resolution zum Schutz der Zivilbevölkerung, auch über den Westbalkan. Auch Menschenrechte schnitt Faymann pflichtschuldig an.

Im Mittelpunkt stand jedoch eindeutig die Wirtschaft. Beide Politiker waren sich einig, dass eine gemeinsame internationale Finanzmarktaufsicht kommen müsse. Und beide sind der Ansicht, dass der Klimawandel nur gestoppt werden kann, wenn alle mitmachen und ihren CO2-Ausstoß reduzieren, insbesondere auch die USA, Indien und China.

Der Bundeskanzler schlug vor, eine ständige Dialogplattform einzurichten, in der jeweils fünf Vertreter Österreichs und Russlands zwei- bis dreimal pro Jahr zusammenkommen sollen, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu festigen. Derzeit beschäftigen Faymann die Landerechte der AUA.

Russland will das Abkommen neu verhandeln, weil sich mit dem Einstieg der Lufthansa bei der AUA eine neue Situation ergebe. Das bestreitet Wien: Die Luftverkehrskontrolle liege nach wie vor in Österreich. Hintergrund des Zwists: Moskau will, dass künftig mehr russische Flugzeuge in Innsbruck landen. Dort aber sind die Kapazitäten erschöpft. Die Auseinandersetzung könnte noch böse enden, wenn nämlich Russland die Landerechte der AUA nicht verlängert.

Hoffnung auf Aufträge können sich österreichische Firmen in Sotschi, dem Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014, machen. Medwedjew sagte, Russland habe Interesse, dass Österreich sein Know-how einbringe, auch bei Bauarbeiten.

Am heutigen Mittwoch trifft Faymann den eigentlichen Machthaber in Russland: Premierminister Wladimir Putin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2009)

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