Terror: Großer Schlag gegen Islamisten in Europa

Arrests in Milan
Arrests in Milan(c) AP (LUCA BRUNO)
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In der Nacht auf Freitag griffen Terrorfahnder in fünf europäischen Ländern und in Nordafrika gleichzeitig zu. Insgesamt 17 Algerier wurden unter dem Verdacht verhaftet, zum Terrornetzwerk al-Qaida zu gehören.

MADRID/ROm. Zwei Jahre lang waren ihnen die europäischen Geheimdienste auf der Spur: Ihre Telefone wurden überwacht, ihre Bewegungen beschattet. Nun griffen in der Nacht auf Freitag Terrorfahnder in fünf europäischen Ländern und in Nordafrika gleichzeitig zu. Insgesamt 17 Algerier wurden unter dem Verdacht verhaftet, zum internationalen Terrornetzwerk al-Qaida zu gehören und gewalttätige Islamisten mit Geld und gefälschten Papieren zu versorgen.

Gesuchter Terrorfinanzierer

Sechs der Verdächtigen wurden in Italien festgenommen, vier in Algerien, zwei in Österreich (siehe unten), zwei in Frankreich und jeweils einer in der Schweiz, in Großbritannien und in Spanien.

Die Ermittlungen sind freilich noch nicht beendet, weitere Haftbefehle werden nicht ausgeschlossen, da sich die Spuren dieses Terrornetzes noch durch den gesamten europäischen Kontinent ziehen könnten. Und wenigstens einer der Verhafteten soll einer jener großen Fische sein, die auf der von der EU erstellten Liste der meistgesuchten internationalen Terrorfinanzierer stehen.

Italiens Innenminister Roberto Maroni, dessen Sicherheitsbehörden die Antiterroraktion koordinierten, sprach von der Zerschlagung einer „wichtigen Zelle“ in Italien – mit Terrorfilialen in anderen Staaten. Deren Mitglieder haben nach den Ermittlungen Terroraktivitäten „außerhalb Italiens“, vermutlich vor allem in Nordafrika und im Irak, unterstützt. Die anderen beteiligten Länder teilten zunächst keine weiteren Einzelheiten mit.

Getarnt als Profifußballer

Italiens Sicherheitsbehörden verlautbarten, dass die Verdächtigen auch Ausweispapiere einiger algerischer Fußballprofis, die in der französischen Liga spielen, gefälscht hatten und mit diesen konstruierten Identitäten zwischen Europa und Nordafrika reisten.

Den Ermittlungen zufolge widmeten sich die Islamisten in Europa Raubzügen und Kreditkartenbetrug. Mit ihrer Beute sollen sie den nordafrikanischen Terrorarm „al-Qaida im islamischen Maghreb“ finanziert haben. Bisher konnte die Polizei den verdeckten Transfer von rund einer Million Euro nach Algerien nachweisen.

Das große nordafrikanische Krisenland Algerien gilt als Wiege der Terrorfiliale „al-Qaida im islamischen Maghreb“ (AQMI). Die vor Jahren aus der „Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf“ (GSPC) hervorgegangene Extremistenbewegung erhebt heute den Anspruch, alle nordafrikanischen Terrorgruppen zwischen Libyen und Mauretanien unter ihrem Dach zu vereinen.

Die AQMI übernahm seither für alle Terroranschläge in der Region in den vergangenen Jahren die Verantwortung – übrigens genauso wie für mehrere Entführungen von europäischen Sahara-Touristen in Algerien und Tunesien.

Rekrutierung für Irak-Krieg

Zudem rekrutiert die AQMI in Europa sowie in Nordafrika „Gotteskrieger“ für den Krieg im Irak. Annähernd ein Drittel der im Zweistromland kämpfenden Islamisten sollen aus Nordafrika stammen. Und in der – ganz Nordafrika durchziehenden – Sahara werden Trainingscamps und Waffenlager der AQMI vermutet.

Westliche Geheimdienste haben schon seit geraumer Zeit befürchtet, dass der nordafrikanische Arm der al-Qaida seine Aktivitäten zunehmend auch nach Europa ausdehnen könnte.

AUF EINEN BLICK

Bei einer Razzia in fünf Staaten Europas (Großbritannien, Italien, Frankreich, Schweiz, Österreich) sowie in Algerien wurden in der Nacht auf Freitag 17 mutmaßliche Mitglieder bzw. Unterstützer der Terrorgruppe al-Qaida im Maghreb festgenommen. Die meisten, nämlich sechs, gingen in Italien ins Netz, in Österreich waren es zwei. Mehrere Verhaftete sollen Ausweise algerischer Fußballprofis, die in französischen Ligen spielen, gefälscht haben und unter deren Namen herumgereist sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2009)

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