Obama kritisiert Banker: "Kapieren es noch immer nicht"

U.S. President Obama talks with CBS News correspondent Kroft during 60 Minutes interview at the Whi
U.S. President Obama talks with CBS News correspondent Kroft during 60 Minutes interview at the Whi(c) Reuters (Ho)
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Barack Obama nimmt die Banker-Boni erneut scharf ins Visier. "Ich habe nicht für dieses Amt kandidiert, um einem Haufen Bonzen an der Wall Street zu helfen", sagte Obama in einem Interview.

US-Präsident Barack Obama hat erneut scharfe Kritik an freigiebigen Wall-Street-Häusern und gierigen Bankern geübt. "Ich habe nicht für dieses Amt kandidiert, um einem Haufen Bonzen an der Wall Street zu helfen", sagte Obama in einem Interview des Fernsehsenders CBS, das am Sonntag ausgestrahlt werden sollte. Die Banken hätten immer noch nicht kapiert, wie wütend die Leute die Auszahlung hoher Boni mache.

Einige Geldhäuser hätten zudem die staatlichen Hilfen offensichtlich vor allem deshalb schnell zurückgezahlt, um wieder hohe Boni zahlen zu können. "Das sagt mir, dass die Leute an der Wall Street es immer noch nicht kapiert haben", sagte Obama. So rätselten die Banker immer noch, warum die Leute wütend auf sie seien. An die Adresse der Geldmanager gerichtet sagte Obama: "Ihr genehmigt euch zehn, zwanzig Millionen Dollar an Boni, nachdem Amerika wirtschaftlich das schlimmste Jahr seit Jahrzehnten durchgemacht hat - und ihr habt das Problem verursacht."

Die hohen Löhne und Boni bei mit Steuergeldern gestützten Konzernen haben in den USA einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die Regierung hat daher einen Sonderbeauftragten zur Überprüfung der Managergehälter eingesetzt. Dieser kündigte nun an, die Bezüge weiterer hoch bezahlter Mitarbeiter von staatlich gestützten Unternehmen zu deckeln. Die Bar-Komponente ihrer Gehälter soll demnach künftig in der Regel nicht mehr als 500.000 Dollar (338.822 Euro) betragen. Von der Maßnahme betroffen sind Mitarbeiter von Citigroup, AIG, General Motors und GMAC. Lediglich in wenigen Einzelfällen bewilligte der Sonderbeauftragte Kenneth Feinberg Gehälter von bis zu 1,5 Millionen Dollar. Im Oktober hatte Feinberg bereits die Bezüge der Spitzen-Manager derselben Unternehmen um mehr als die Hälfte gekürzt.

Neben der Auszahlung hoher Boni kritisierte Obama im Interview mit CBS auch die Bemühungen von Wall-Street-Lobbyisten, die Reform des Finanzsystems zu torpedieren. "Es frustriert mich wirklich, dass dieselben Banken, die von Steuergeldern profitiert haben, mit Zähnen und Klauen gegen eine Finanzregulierung kämpfen", machte der Präsident seinem Ärger Luft.

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Freitag grünes Licht für einen mehr als 1.000 Seiten umfassenden Gesetzentwurf gegeben, der die tiefgreifendsten Reformen der Finanzbranche seit Jahrzehnten vorsieht. Obama lobte den Schritt und rief den Senat auf, so schnell wie möglich ebenfalls einen Vorschlag zu verabschieden. Dort droht nun jedoch ein monatelanges Gezerre um einzelne Passagen. Zudem müssen die Entwürfe beider Kammern noch in Übereinstimmung gebracht werden, ehe das Gesetz Obama zur Unterschrift vorgelegt werden kann.

Gegen die Stimmen der Republikaner votierte das Abgeordnetenhaus für umfassende Maßnahmen, die helfen sollen, weitere große Finanzkrisen zu verhindern. Obama begrüßte die Entscheidung. Die Reform sei die größte auf diesem Sektor seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren. "Sie wird klare Regeln festschreiben, für die lückenlose und systematische Einhaltung dieser Regeln sorgen und für ein stärkeres, stabileres Finanzsystem mit einem besseren Schutz für Verbraucher wie Investoren kreieren", sagte Obama.

Das Gesetz sieht die Einrichtung neuer Kontrollorgane vor. Außerdem soll die US-Notenbank mehr Aufsichtskompetenz bekommen, um Bedrohungen des Finanzsystems rechtzeitig zu erkennen. Dort, wo sich ein Fehlverhalten einer einflussreichen Bank abzeichnet, soll die Regierung eingreifen können. Große Finanzinstitute, die die gesamte Branche mit in den Abgrund reißen könnten ("too big to fail"), sollen strengeren Regeln unterworfen werden. Geldinstitute sollen außerdem künftig nur dann mit riskanten Papieren handeln dürfen, wenn sie genug Rücklagen haben. Zu der Reform gehört auch die Schaffung einer neuen Behörde zum Schutz von Finanzkunden. Sie soll darüber wachen, dass beispielsweise Hypothekenbanken und Kreditkartenfirmen keine illegalen oder irreführenden Geschäfte mit ihren Kunden machen. Exzessen bei Managergehältern soll künftig ein Riegel vorgeschoben werden.

"Eine umfassende Reform braucht klare Regeln, an die sich unsere nationalen Finanzinstitute und Märkte halten müssen", sagte US-Finanzminister Timothy Geithner. Im Rahmen des Pakets sollen erstmals auch dem 450 Billionen Dollar schweren Markt für außerbörslich gehandelte Derivate Zügel angelegt werden - darunter fällt beispielsweise das Geschäft mit Kreditausfallversicherungen, das den Versicherungsriesen AIG an den Rand des Zusammenbruchs brachte. Das Gesetz werde die Transparenz auf diesem Markt steigern und die systemrelevante Risiken mindern, die sogenannte Over-the-Counter-Derivate (OTC) darstellen könnten, wenn sie weiter unbeaufsichtigt blieben, sagte der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses des Repräsentantenhauses, der Demokrat Collin Peterson. Zudem sollen Finanzinstitute künftig nicht mehr als 20 Prozent an den Abwicklungshäusern für außerbörsliche Derivategeschäfte halten dürfen. Diese Maßgabe würde Wall-Street-Giganten wie Goldman Sachs, JPMorgan Chase & Co, Citigroup, Bank of America und Morgan Stanley, die das Geschäft derzeit noch dominieren, ebenso treffen wie Börsenbetreiber wie etwa die Nasdaq OMX.

Republikaner sowie eine Heerschar von Lobbyisten für Banken und andere Wall-Street-Unternehmen kämpfen bereits seit Monaten für eine Abschwächung oder Verzögerung der Reformen. Ihrer Ansicht nach handelt es sich dabei um unnötige und kostspielige Eingriffe in die Branche. So stimmten die Republikaner in der Kammer nun geschlossen gegen das Gesetz. Ihnen schlossen sich 27 Demokraten an. Bevor die neuen Regeln in Kraft treten können, muss noch der Senat zustimmen. Dessen Entwurf wiederum weicht deutlich von dem der Abgeordneten ab. Die Senatoren wollen unter anderem der US-Notenbank Fed weniger Macht geben als sie bisher hat - anstatt mehr. Die Abstimmung im Senat ist für die erste Hälfte des kommenden Jahres vorgesehen.

(APA)

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