Ivo Josipović: "Das größte Problem ist Korruption"

Der sozialdemokratische Kandidat Ivo Josipović kämpft für „mehr Moral“.

„Die Presse“: Was sind die größten Schwierigkeiten Kroatiens?

Ivo Josipović: Gerade wegen des Krieges hat Kroatien noch viele Probleme – und das größte ist die Korruption. Der Krieg ist kein guter Nährboden, um außer Patriotismus irgendwelche anderen Dinge und Werte zu entwickeln. Wir taten, was jeder vernünftige Mensch nie tun würde: Wir durchliefen den Prozess der Privatisierung in der Zeit des Krieges. Selbst theoretisch gab es keine Chance, dass diese fair verlaufen konnte.


Was hatte dies zur Folge ?

Josipović: Viele Leute hatten im Krieg zu leiden – und ließen ihr Leben. Andere verschafften sich Wohlstand unter sehr zweifelhaften Bedingungen.
Ganze Generationen bekamen dadurch das falsche Signal, was gut und was schlecht ist. Es schien nicht mehr wichtig, ob man hart arbeitet oder studiert. Was zählte, war, dass man zu einem bestimmten Clan gehört, die Mitgliedskarte von dieser oder jener Partei hat – oder dass man in der Lage ist, etwas zu nutzen, was einem eigentlich nicht gehört.

Was müsste geändert werden ?

Josipović: Es wäre wichtig, die Moral in das öffentliche und politische Leben zurückzubringen. Es ist falsch, Patriotismus nur als Schwenken großer Flaggen und selbstgerechtes Trommeln auf die Brust zu verstehen. Was zählt, ist, wie ein Mensch arbeitet, ob er seine Pflichten gegenüber der Allgemeinheit erfüllt, seine Steuern entrichtet, ob er Arbeitsplätze schafft. Wir müssen die Werte unserer Gesellschaft neu definieren.


Was denken Sie als Komponist: Hat Kroatien mehr Harmonie oder mehr Dissonanzen nötig?

Josipović: Eine Komposition muss in gewisser Weise variieren. Ich würde einen Staat mit einer Symphonie vergleichen, die rhythmische Teile, Kontrapunkte, aber auch verschiedene Themen hat, die sich nähern, und das Ganze zu einer harmonischen Einheit machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2009)

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