Ivo Josipovic: Der vielbegabte und etwas farblose Favorit

(c) AP (Darko Bandic)
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Der 53-Jährige wirbt für Recht und Gerechtigkeit – und führt bisher in den Umfragen. Er ist ein zielstrebiger, intelligenter Mann, der von seinen Anhängern als absolut integer eingestuft wird.

Eigentlich habe er ein Gesicht, das man sich nicht merken könne, sagte kürzlich ein kroatischer Journalist in privater Runde. Der leise und zurückhaltend auftretende 53-jährige Ivo Josipovic ist jedoch ein zielstrebiger, intelligenter Mann, der von seinen Anhängern als absolut integer eingestuft wird.

In Zagreb geboren, gilt er als ein wirklicher Repräsentant der Hauptstadt. Seine Laufbahn passt in die Kategorien des gebildeten Bürgertums. Der Rechtswissenschaftler und Komponist Ivo Josipovic stellt sich als verantwortungsbewusster Politiker dar, der die sozialen Missstände in der Gesellschaft beheben möchte.

Politikkarriere mit Hindernissen

Vor allem hat sich Josipovic dem Kampf gegen die Korruption verschrieben. Er möchte das Rechtssystem in Kroatien erneuern. Und er hat ein Händchen für die Kultur. Neben dem Jusstudium schloss er 1983 ein Studium an der Musikakademie in Zagreb ab und durfte sich fortan Komponist nennen. Seine Werke „Samba de Camera“, „Igra staklenih perli“ (Glasperlenspiel) für Klavier und „Tuba ludens“ wurden mit Preisen überhäuft.

Auch als Jurist hat er eine glänzende Karriere hinter sich. Der Magistertitel für Strafrecht wurde ihm 1985 verliehen. Seit 1984 lehrt Josipovic an der Universität in Zagreb Strafprozessrecht und Internationales Strafrecht. Forschungsaufenthalte führten ihn nach Graz, Deutschland und an die Universität von Yale. Als Anwalt war er beim Internationalen Tribunal für Kriegsverbrechen im niederländischen Den Haag tätig. Der Europarat übertrug ihm die Aufgabe, ukrainische, mongolische und aserbaidschanische Gefängnisse zu überprüfen.

Seine Laufbahn verlief geradlinig, aber nicht immer zum Gefallen seiner Partei. In den Achtzigerjahren war Josipovic zunächst Mitglied des Kommunistischen Bundes. Später war er eine der treibenden Personen, die ein demokratisches Statut für die nachfolgende Sozialdemokratische Partei (SDP) ausarbeiteten. 1994 verließ er die SDP.

Erst 2003 kandidierte Josipovic als Parteiloser auf ihrer Wahlliste. Bei der Parlamentswahl 2007 erhielt er als unabhängiger Kandidat erneut ein Mandat. Im August 2008 kehrte er in die SDP zurück und wurde im Juli 2009 zum Parteikandidaten für die Präsidentenwahl gewählt.

Wenig Rückhalt bei Exilkroaten

Mit 32,4 Prozent der abgegebenen Stimmen konnte er sich im ersten Wahlgang mit weitem Vorsprung vor allen anderen elf Kandidaten gut behaupten. Vor allem in Zagreb hängte er seinen Gegenkandidaten Milan Bandi? deutlich ab. Doch bei der ländlichen Bevölkerung und den Exilkroaten hat sich sein Gesicht noch nicht eingeprägt. Dennoch liegt er in den letzten Umfragen mit 55 Prozent weit vor Bandi?.

„Ja zu Recht und Gerechtigkeit“ ist die Parole, mit der der 53-Jährige seinen Wahlkampf bestreitet. Den Wahlspruch scheint Josipovi? ernst zu nehmen: Er gilt mit einem geschätzten Vermögen von mehr als einer halben Million Euro als einer der reichsten Kandidaten. Um nicht in den Ruch zu kommen, illegal zu seinem Besitz gekommen zu sein, legte er seinen Besitz offen. rath

ZUR PERSON

Ivo Josipovi? ist der Kandidat der Sozialdemokratischen Partei (SDP) für das kroatische Präsidentenamt. Der 53-Jährige hat Jus studiert und als Komponist einige Werke veröffentlicht. Josipovi? verspricht, gegen die Korruption vorzugehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2010)

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