Ägypten: Schwere Unruhen nach Anschlag auf Kopten

Unbekannte haben im Süden Ägyptens nach einer Messe sechs koptische Christen erschossen
Unbekannte haben im Süden Ägyptens nach einer Messe sechs koptische Christen erschossen(c) AP (BEN CURTIS)
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Unbekannte haben nahe der ägyptischen Stadt Luxor nach einer Messe sechs koptische Christen erschossen. Wütende Christen lieferten sich daraufhin Straßenschlachten mit der Polizei.

Nachdem muslimische Fanatiker vor einer Kirche unmittelbar nach der Weihnachtsliturgie am 6. Jänner sechs koptische Christen und einen muslimischen Wachmann erschossen haben, ist es am Donnerstag in der Nähe von Luxor zu schweren Unruhen gekommen. Der Ort Nag Hammadi in der Provinz Kena wurde zum Schauplatz von Zusammenstößen zwischen wütenden Christen und der Polizei.

Angehörige der Sicherheitskräfte berichteten, die Demonstranten, die sich mehrere Stunden nach den Schüssen vor der koptischen Kirche versammelten, hätten zwei Krankenwagen und ein Auto zerstört. Die Polizei habe sie mit Tränengas auseinandergetrieben.

Vorwurf: Nehmen Schutz nicht ernst

Nach den Ausschreitungen vom November, bei denen in der Ortschaft Al-Farshat Geschäfte und Häuser von Kopten zerstört worden waren, hatten Christen der ägyptischen Polizei vorgeworfen, sie nehme den Schutz der Kopten nicht ernst genug. Bei dem Angriff auf die Kirche von Nag Hammadi in der Nacht auf Donnerstag wurden neben den sieben Todesopfern neun weitere Menschen verletzt. Drei Männer hatten aus einem vorbeifahrenden Auto heraus das Feuer auf die Gläubigen eröffnet.

Aus Sicherheitskreisen in Kena hieß es, der Hauptschuldige für die jüngste Attacke sei namentlich bekannt. Die Polizei fahnde nun mit Hochdruck nach ihm und seinen zwei Mittätern. "In Nag Hammadi sind inzwischen so viele Einsatzkräfte unterwegs, das der Ort wie eine Militärkaserne aussieht", sagte ein Beobachter.

Islam-Vertreter verurteilen Tat

Islam-Vertreter in Österreich verurteilten den Anschlag. Der Integrationsbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, der Wiener Landtagsabgeordnete Omar Al-Rawi kondolierte der koptischen Gemeinde in Wien. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich verurteilte die Tat als "gefährliche Saat der Feindschaft und Intoleranz".

Im Jänner 2000 hatten Muslime in der oberägyptischen Ortschaft Al-Kosheh nach einem Streit 21 koptische Christen getötet. In Oberägypten, wo islamistische Terroristen in den 1990er Jahren Jagd auf Christen gemacht hatten, kommt es immer wieder zu Ausschreitungen, die sich häufig daran entzünden, dass "ohne Erlaubnis" Kirchen gebaut werden.

Kopten-Papst jahrelang verbannt

Kopten-Papst Shenouda III. war unter dem 1981 ermordeten Präsidenten Anwar al-Sadat jahrelang in das Wüstenkloster Deir Amba Bishoi verbannt. 1985 wurde sein Hausarrest aufgehoben. Der Anteil der Kopten an der ägyptischen Bevölkerung beträgt schätzungsweise zehn Prozent. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind vor allem koptische Frauen Opfer von Entführungen, Vergewaltigungen und Zwangsislamisierung. Die Polizei decke oft solche Vergehen.

Die koptisch-orthodoxe Kirche gehört zu den altorientalischen (monophysitischen) Kirchen. Von ihr wurde die auf dem Konzil von Chalcedon im Jahr 451 angenommene Zweinaturenlehre von der göttlichen und menschlichen Natur Christi abgelehnt: Christus sei vollkommen göttlich, so der monophysitische Standpunkt.

(Ag.)

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