Litauen: Streit um CIA-Gefängnisse

(c) Michaela Bruckberger
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Präsidenin Grybauskaite drückte Unzufriedenheit mit dem parteilosen Minister aus, der auf dem Ticket der Konservativen seit etwas mehr als einem Jahr im Amt ist. Daraufhin trat Außenminister Usackas zurück.

VILNIUS/KOPENHAGEN. Im Machtkampf um die litauische Außenpolitik hat Außenminister Vygaudas U?ackas den Kürzeren gezogen. Nachdem ihm die Präsidentin Dalia Grybauskaite das Misstrauen ausgesprochen hatte, gab Usackas am Donnerstag seinen Rücktritt bekannt. Unterschiedliche Auslegungen des Berichts einer Parlamentarierkommission über geheime CIA-Gefängnisse in Litauen hatten den lange schwelenden Konflikt zwischen den beiden Politikern eskalieren lassen.

Zum Jahresende stellte die Kommission fest, dass der US-Geheimdienst 2004/05 zwei Anlagen nahe Vilnius unterhalten habe, die für die Einkerkerung von Gefangenen geeignet gewesen seien. Flugzeuge, die mutmaßliche Terroristen transportierten, seien mehrmals in Litauen gelandet.

Unzureichende Information

Da dies unter Umgehung der öffentlichen Einreisekontrollen geschehen sei, fehle jedoch der letzte Beweis, ob die CIA die Verliese tatsächlich benützt habe. Der litauische Sicherheitsdienst habe versäumt, die politische Führung ausreichend zu informieren.

Grybauskaite, auf deren Initiative die Kommission eingesetzt worden war, sah durch den Bericht ihren „indirekten Verdacht“ bestätigt, dass Litauen im illegalen Gefangenenprogramm der USA eine Rolle gespielt hatte. Usackas hingegen legte mehr Gewicht auf die Feststellung, dass die Nutzung der Gefängnisse nicht bewiesen sei.

Grybauskaite drückte zunehmend Unzufriedenheit mit dem parteilosen Minister aus, der auf dem Ticket der Konservativen seit etwas mehr als einem Jahr im Amt ist. Am Mittwoch ließ sie ihren Sprecher mitteilen, dass Usackas nicht das Vertrauen der Präsidentin besitze, woraufhin Premier Audrius Kubilius feststellte, Konsequenzen seien unausweichlich.

Wink verstanden

Der Außenminister verstand den Wink und verkündete am Donnerstag seinen Rücktritt. Laut litauischer Verfassung tragen Präsident und Regierung gemeinsam die Verantwortung für die Außenpolitik. Grybauskait? warf U?ackas vor, er habe diese „als Geisel für seine persönliche Profilierung“ benützt und versäumt, sie mit dem Staatsoberhaupt zu koordinieren. U?ackas bestritt dies. Er wolle jedoch einer stabilen Zusammenarbeit von Regierung und Präsidentin beim Kampf gegen die Wirtschaftskrise nicht im Wege stehen.

Der Machtkampf fußte in persönlichen Gegensätzen zwischen der aktivistischen Präsidentin und dem erfahrenen Diplomaten, der zuvor Chefunterhändler für Litauens EU-Beitritt, dann Botschafter in Washington und London gewesen war. Auch tritt Grybauskait? für eine vorsichtigere Linie gegenüber Moskau und dem schwierigen Nachbarn Weißrussland ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2010)

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