Atomstreit: Iran enttäuscht mit Lösungsvorschlag

Mottaki
Mottaki(c) AP (Matthias Schrader)
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Die Außenminister Chinas und des Iran sollten als besondere Gäste Spannung in die Münchner Sicherheitskonferenz bringen. Irans Chefdiplomat Mottaki enttäuschte mit seinen Vorschlägen zur Lösung des Atomstreits.

Der Minister drehte sich mehrmals vom Mikrofon weg, hustete. Dann wieder hielt er inne, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Yang Jiechi, dem chinesischen Chefdiplomaten, war es schlicht zu warm im Konferenzsaal des Bayerischen Hofes, wo er die Eröffnungsrede zur 46.Münchner Sicherheitskonferenz hielt. Nicht etwa, weil die Themen und Debatten der Konferenz so heiß waren, sondern weil die Veranstalter den Saal zu stark aufgeheizt hatten. „Bei uns in China haben wir nicht genug Energie, um Räume so gut zu beheizen“, sagte Yang Jiechi und bedankte sich zugleich scherzhaft für die „warme deutsche Gastfreundschaft“. Noch nie war ein chinesischer Außenminister bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die früher ein rein transatlantisches, dann ein Ost-West- und seit einigen Jahren immer mehr zu einem globalen Dialogforum über Sicherheitsfragen geworden ist.

Yang Jiechi zählte Chinas Erfolgsindikatoren der vergangenen 30Jahre auf (jährliche wirtschaftliche Wachstumsraten von nahezu zehn Prozent, 235 Millionen Chinesen aus der Armut geholt). Gleichzeitig sei sich Chinas Führung der Schwächen und Herausforderungen wohl bewusst (135.000Millionen Landsleute müssten sich noch immer mit weniger als einem Dollar pro Tag durchschlagen, zehn Millionen hätten noch immer keine Elektrizität).

Der Minister widersprach dem Argument, eine starke Nation sei dazu verurteilt, nach Hegemonie zu streben: „Dafür gibt es in Chinas Geschichte keine Beispiele, und dies wäre auch gegen den Willen des Volkes.“ Jedenfalls zeigt die Volksrepublik auf der internationalen Bühne immer öfter ihre Muskeln, siehe Kopenhagener Klimakonferenz, siehe zuletzt die heftige Reaktion auf die angekündigten US-Waffenverkäufe an Taiwan: „Die Regierung und das chinesische Volk mussten darauf reagieren“, sagte der Außenminister in München. „China hofft sehr, dass die USA ihre Haltung ändern und auf die Waffenverkäufe verzichten.“ Und nicht zuletzt zeigte China Muskeln im internationalen Atomstreit mit Teheran.

Mottaki wiederholt alten Vorschlag. Irans Außenminister, Manoucher Mottaki, der als Überraschungsgast nach München gekommen war, nutzte die Konferenz, um Teherans Position im Atomstreit zu verteidigen. Die Erwartungen so mancher deutschen Medien freilich, dass der Iraner neue Lösungsvorschläge machen würde, erfüllten sich nicht – auch wenn Mottaki am Samstag von einem „guten Gespräch“ mit dem Chef der Atomenergiebehörde IAEA schwärmte.

Am Abend davor, bereits zu nachtschlafener Stunde, hatte Mottaki um mehr Verständnis im Westen für die Realität in seinem Land erbeten. Mottaki sparte nicht mit Seitenhieben auf den Gottseibeiuns des iranischen Regimes, die Amerikaner („eine egoistische Macht, die eine altmodische, zum Scheitern verurteilte Politik im Nahen Osten betreibt“), und wiederholte das jüngste Angebot von Präsident Mahmoud Ahmadinejad, Uran für einen Teheraner Forschungsreaktor im Ausland auf 20Prozent anreichern zu lassen: „Dazu muss zuerst der politische Wille da sein, und es muss Garantien für beide Seiten geben, dass der Uranaustausch auch funktioniert.“ Schwedens Außenminister Carl Bildt versuchte Mottaki zu erklären, warum im Westen das Misstrauen gegenüber Teheran in der Atomfrage so ausgeprägt ist und richtete die Aufforderung an Irans Führung, auf die Vollstreckung von Todesurteilen für neun Demonstranten zu verzichten: „Das würde alle unsere jetzigen Bemühungen um eine Entspannung zunichtemachen.“

„Unsere Hand greift ins Leere.“ Immerhin glaubt Bildt, dass eine gemeinsame Lösung der Versorgungsfrage des Teheraner Forschungsreaktors mit Uran für Vertrauensbildung sehr wichtig sein könnte. Allerdings erwarte man jetzt, dass Iran bei der IAEA einen detaillierten Vorschlag zu diesem Thema vorlege. Auch für US-Vertreter und den deutschen Außenminister Guido Westerwelle geht der jüngste iranische Vorstoß nicht weit genug: „Unsere Hand bleibt ausgestreckt, aber bisher greift sie ins Leere.“ Mehreren kritischen Fragen zu Irans Innen- und Außenpolitik wich Mottaki schlichtweg aus. Er nannte den Iran „das stabilste Land der Region“, es gebe etliche tausend Nichtregierungsorganisationen, die sich allein für Rechte der Frauen engagierten, und überhaupt sei alles sehr transparent. Noch nach Mitternacht wollte Mottaki seine Ausführungen fortsetzen, der Moderator sah sich schließlich gezwungen, die iranische Märchenstunde brachial zu beenden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2010)

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