Israels Botschafter in Washington beklagt die schlimmste diplomatische Krise seit 1975. Premier Netanyahu und Präsident Peres beschwichtigen. Die USA erneuern indessen ihre Kritik an Israels Siedlungsplänen.
Die wegen der Siedlungsbau-Frage schon länger bestehenden Unstimmigkeiten zwischen den USA und Israel haben sich offenbar zu einer veritablen Krise ausgeweitet. Die Beziehungen zwischen Israel und den USA hätten ein historisches Tief erreicht, sagte der israelische Botschafter in Washington am Montag. Israel hat bisher versucht, die diplomatische Krise herunterzuspielen, die die Ankündigung neuer Siedlungsbau-Pläne während des Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden vergangene Woche auslöste.
"Die Beziehungen sind in ihrer schlimmsten Krise seit 1975 (...) einer Krise von historischem Ausmaß", zitiert die israelische Zeitung "Yedioth Ahronot" Botschafter Michael Oren in einem Konferenzgespräch mit israelischen Diplomaten. 1975 hatten die USA heftigen Druck auf Israel ausgeübt, seine Truppen von der seit 1973 besetzten ägyptischen Sinai-Halbinsel abzuziehen.
Israel bedauert "unglücklichen" Zeitpunkt
Israels Außenministerium gab zu den Bemerkungen noch keine Stellungnahme ab. Bisher hatte Premier Benjamin Netanyahu versucht, die Krise herunterzuspielen. Der Zeitpunkt, den geplanten Bau von 1600 Wohnungen zu verkünden, sei "unglücklich" gewählt gewesen und Folge eines bürokratischen "Wirrwarrs".
Präsident Shimon Peres bedauerte den Vorfall ebenfalls. "Es war ein Fehler, begangen von Israel", sagte er am Sonntagabend im Schweizer Fernsehen. Er bedauere den Vorfall, "denn Israel ist unser Freund und wir sind der Freund von Amerika. Wir wollen die US-Regierung nicht beleidigen und auch den Vize-Präsidenten der USA nicht."
USA erneuern Kritik: "Affront, Beleidigung"
Das Weiße Haus hat indessen seine Kritik an israelischen Siedlungsplänen in Ost-Jerusalem erneuert. Die entsprechende Ankündigung der israelischen Regierung während des Besuchs von Vize-Präsident Biden sei ein "Affront" gewesen, sagte der Spitzenberater von Präsident Barack Obama, David Axelrod, am Sonntag dem US-Sender ABC.
Außenministerin Clinton hatte den Vorfall am Freitag als "beleidigend" bezeichnet. In einem mehr als 40 Minuten langen Telefongespräch mit Premier Netanyahu meinte Clinton dann, die Ankündigung sei ein "zutiefst negatives Signal" für den Friedensprozess mit den Palästinensern und für die Beziehungen zu den USA gewesen.
Friedensgespräche drohen zu platzen
Die kommende Woche geplante Wiederaufnahme indirekter Nahost-Friedensgespräche droht angesichts der israelischen Siedlungspläne zu platzen. Vor dem erneuten Besuch des US-Nahostvermittlers George Mitchell in der Region wurden innerhalb der Palästinenser-Führung Forderungen bekräftigt, die Beratungen zu verschieben.
Jüdische Siedlungen
Der Siedlungsbau in der Westbank begann 1967, kurz nach dem Sechstagekrieg. Rund 280.000 Israelis leben heute in 121 offiziell anerkannten Siedlungen in der Westbank. Die größte Siedlung ist Maale Adumim, wo 2005 mehr als 30.000 Menschen lebten. In der Westbank gibt es weitere 102 Siedlungen, die Israel nicht offiziell anerkennt. Die Bevölkerung der Siedlungen wächst seit 2001 um durchschnittlich fünf bis sechs Prozent jährlich. Weitere 190.000 Menschen leben in Siedlungen im palästinensischen Ost-Jerusalem.
(APA/apn/beba)